Live: Hamburg, Grünspan :: Unterhaltsamer Rock

Wie Stunde es Wohl um den Rock’n’Roll, wenn es Bands wie Live und Sänger wie Edward Kowalczyk nicht geben würde? Der steht an diesem Abend beim einzigen Deutschlandkonzert der Band aus York, Pennsylvania, ziemlich dünn und sehr lässig auf der Bühne des Grünspan und lässt sich bereits nach dem zweiten Song wie ein Held bejubeln. Recht hat er. Wenn das überwiegend junge Publikum in ihm, der seit Jahren bekennender Hinduist ist, eine Art Rock-Heiland sieht, dann sollen sie ruhig rufen und schreien und ihn da oben mit ihrer Textsicherheit bei den meisten Songs überraschen. Dafür bekommen sie dann auch etwas zu sehen für ihr Geld. Denn es ist keine halbe Stunde vergangen, da baumelt das Polyesterhemd von Mister Ed schon offen an seinem schlaksigen Körper und zeigt eine kringelig behaarte Brust, die vor allem das weibliche Publikum in Verzückung setzt.

Ed Kowalciyk sagt, in seinen Konzerten gehe es um Liebe, und jeder Livegig sei eine Einladung für all jene, die sich trauen würden, weltbewegende Fragen zu stellen. Und die sich dabei nicht uncool fühlen würden. Nun,für uncool hält sich an diesem Abend wohl keiner, auch wenn keine weltbewegenden Fragen gestellt werden. Weltbewegend, nicht mehr und nicht weniger, ist nur einmal mehr die hervorragende Band, die neben Kowalczyk mit dem extrovertierten Chad Taylor an der Gitarre und den ungleich stilleren Kollegen Patrick Dahlheimer am Bass sowie Chad Gracey hinter den Drums seit ihrer Gründung vor 16 Jahren in der gleichen Besetzung spielt. Während diese im Hintergrund das solide Rückgrat bildet, darf Frontmann Kowalczyk sich bei Lieblingssongs wie „The Dolphins Cry“ in Travolta-Posen werfen und Tequila an die Fans in der vordersten Reihe verteilen.

Dezent eingestreut werden die neuen Songs des jüngsten Albums „Five“ – da geht es mal ganz zart und akustisch zur Sache, ehe die Band erneut das Brett auspackt und sich beinahe pogomäßig präsentiert. Erst nach knapp zweieinhalb Stunden tritt Kowalczyk mit seinen Jungs, zu denen in Hamburg auch sein jüngerer Bruder an der zweiten Gitarre gehörte, ab. Das Hemd ebenso klatschnass am Körper wie die Jeans, zeigt Eddie, dass auch Popstars gelegentlich gefühlvolle Regungen in ihren sehr engen Hosen verspüren. Aber Live-Konzerte hatten ja schon immer etwas mit Liebe zu tun.

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