Jimmy Barnes: München, Metropolis :: Rausgerotzter Rock’n’Roll
Normalerweise geht man nicht aus einem Jimmy-Barnes-Konzert, man kriecht. Weil man buchstäblich geplättet ist von diesem animalischen Druck, der einen nach der letzten Zugabe wie ein Cartoonmännchen an der Wand entlang zu Boden rutschen lässt. Wer ihn, diese Urgewalt auf zwei Beinen, je live erlebt hat, weiß das-aber an diesem August-Abend ist alles anders. Dabei hätten die Voraussetzungen gestimmt: Ein heftigst nach Rock’n’Roll miefender Club, leidlich gefüllt mit vielen Barnesen, von denen sich die meisten den 45-Jährigen garantiert schon mehr als einmal gegeben hatten. Und der Einstieg mit „Love & Hate“ gelingt, ist das Vorprogramm erst einmal überstanden, ja auch trefflich.
Das AC/DC-Rip-off „Seven Days“ lässt gar auf einen der üblichen Start-und-Ziel-Siege schließen, doch kommen die ersten Zweifel bereits bei „Rising Sun“ auf-dieser Track nämlich schlingert nicht, sondern bleibt schnurgerade in der Spur. Und das ist ziemlich ungewöhnlich für Jimmy, der Cold Chisel-Klassikern, obwohl tausend Mal runtergenudelt, bis dato immer feste die Sporen gegegen hatte. Und merkwürdig, auch „Stone Cold“ krallt nicht, obwohl eine der schönsten Balladen, die unser Held je eingespielt hat. Noch bejubeln die Hardcore-Fans Jimmys Vokalakrobatik, doch die Euphorie nimmt kontinuierlich ab. Nein, diese Band glänzt heute nicht mit unbedingtem Siegeswillen, peitscht sich nicht selbst durch die Songs, sondern erledigt ihren Job routiniert, aber ohne viel Feuer. Und so verwundert es nicht, dass selbst „Cheap Wine“ zu einer müden Pflichtübung gerät.
„Lover Lover“ kann da auch nicht mehr sonderlich viel Boden gutmachen, der Gassenhauer „River Deeep, Mountain High“ schon eher. Aber wir befinden uns, ohne es zu ahnen, ohnehin schon auf der Zielgeraden: „Khe Sanh“ und „Working Class Man“ werden noch schnell aus der Klamottenkiste geholt, dann ist er auch schon verschwunden, der Jimmy – nach exakt einer Stunde. Der Mann ist halt Schotte, das darf man nicht vergessen. Das irritierte Volk will dennoch mehr und bekommt als Nachschlag ein improvisiertes „Whole Lotta Shakin‘ Goin On“, das in das unvermeidliche „Goodbye“ mündet. Und tschüss! Hart zu sagen, Jimmy, aber das war die Pflicht, nicht die Kür. Und die kritischen Höhen in „Rising Sun“ hast du auch gemieden. Warum?
www.jimmybarnes.com
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