Bob Marley – Catch A Fire; Bob Marley – Burnin‘; Bob Marley – Natty Dread; Bob Marley – Live!; Bob Marley – Rastaman Vibration; :: Reggae: Der Reggae-Rebell
Um den 20. Todestag des „King Of Reggae“ gebührend zu zelebrieren, legt das Island-Label Bob Marleys kompletten Albenkatalog neu auf. In den kommenden Monaten ersetzen insgesamt 16 Studio- und Live-CDs sowie diverse Box-Sets, das derzeit nur noch zum Teil in den Läden erhältliche OEuvre von Bob Marley & The Wailers. Start der umfangreichen Kampagne erfolgte vor wenigen Monaten mit der Deluxe Edition von Marleys Island-Debüt Catch A Fire (siehe MUSIKEXPRESS 7/01)-Neben der Ausstattung mit biografischen Details, raren Fotos und der digitalen Optimierung überraschte dabei vor allem die Bonusbeigabe in Form der ursprünglich nur in der Karibik auf dem gruppeneigenen Label Tuff Gong veröffentlichten, rhythmisch simpleren, rauer arrangierten Urversion. Sämtliche Island-Alben bis zum finalen Uprising folgten diesem Prinzip. Der direkte Vergleich mit den Originalversionen lässt sich beim ersten Schub der Neueditionen, Marleys Output der Jahre 1973 bis 76, leider nicht ziehen. Die fünf Albenoriginale, die den Siegeszug des Reggae belegen, liegen leider nur in den hinlänglich bekannten Versionen vor. Die lang erwartete Premiere im April 1973 für den neuen Vertragspartner war nicht nur das erste Reggae-Album, das in Großbritannien eine Rockklientel anzog, sondern der erste vernünftige Longplayer überhaupt des noch jungen Genres. Zuvor galt Reggae als Nischenkultur, favorisiert von westindischen Emigranten in England, und, seltsam genug, leidenschaftlich geliebt von den Skinheads, einer Jugendbewegung gewalttätiger Hooligans, die auch auf Bluebeat, Ska und Rock Steady schworen. Das noch im legendären Line-up mit Peter Tosh, (key, g, voc), Bunny Wailer (perc), den Barrett-Brüdern Aston (bg) und Carlton (dr) sowie Rita Marley und Marcia Griffith im Background schlicht unter dem Bandlogo The Wailers eingespielte Catch A Fire, 4 Sterne, zündete mit inhaltlich hochexplosiven Songs wie „Concrete Jungle“, „Slave Drivers“, „4oo Years“ und „No More Trouble“ zwar noch nicht in den Charts, sorgte aber für jede Menge Gesprächsstoff nicht nur in der Londoner Szene. Die beiden Bonustracks, „High Tide Low Tide“ und „All Day All Night“, stammen noch aus den Jamaika-Sessions. Die Formation machte sich, ergänzt um Keyboarder Earl“Wya“Lindo und Perkussionist Alvin „Seeco“ Patterson.an den Nachfolger Burnin‘, 4 Sterne. Stilistisch vom Vorgänger nicht allzu weit entfernt, setzte sich das Material wiederum aus einigen neueren Kompositionen und diversen Remakes („Duppy Conqueror“, „Hallelujah Time“, „Small Axe“) der jungeren Vergangenheit zusammen. Gleich zwei kommerziell starke Titel, das von Marley/ Tosh fabrizierte Freiheitsgelübde „Get Up, Stand Up“ und „I ShotThe Sheriff“, liefen pausenlos auf Radio London und verfehlten als Singles nur knapp die Charts. Eric Claptons hitträchtige Version vom „erschossenen Sheriff“ sorgte dafür, das Marleys Name erstmals auch international Beachtung geschenkt wurde. Drei zusätzliche Titel, die B-Seite „Reincarnated Souls“, sowie die beiden unveröffentlichten Outtakes,“No Sympathy“ und „The Opressed Song“, dürften die Sammlerherzen erfreuen. Was Catch A Fire und Burnin‘ nicht erreichten, sollte mit dem wesentlich eingängiger produzierten Natty Dread, 5 Sterne gelingen – der internationale Durchbruch. Das im Mai 1975 veröffentlichte Album brachte Veränderungen in gleich mehrfacher Hinsicht: Erstens gelang es beiderseits des Atlantiks die Top 100 zu knacken. Zweitens erschien das dritte Werk für Island erstmals unter dem Logo „Bob Marley & The Wailers“. Drittens zeigte sich Marley auf dem Cover – statt mit gewohntem Afro – mit seinem späteren Markenzeichen, den Dreadlocks. Und last but not least war es die erste musikalische Visitenkarte nach dem nicht gerade friedvollen Abgang von Peter Tosh und Bunny Wailer. Als stimmlicher Ersatz bei gewohnt erstklassig militanten Revolthymnen wie „Lively Up Yourself“, „No Woman, No Cry“, „Them Belly Full (But We Are Hungry)“ und dem sphärischen Titelsong fungierten die I-Threes. Die große Lücke, die Tosh und Wailer hinterließen, konnte -trotz versierter Backingmusiker-nie ganz geschlossen werden. Während der Vorbereitungen zum nächsten Studioopus, Rastaman Vibration, das als meist verkauftes Elaborat in die Marley-Historie eingehen sollte, erschien jener legendäre Konzertmitschnitt aus dem Londoner Lyceum vom 19, Juli 1975, um den sich noch heute Mythen ranken. Eine vorab ausgekoppelte 45er, „No Woman, No Cry/Kinky Reggae“,entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Aus der Flut, der in den siebziger Jahren auf Vinyl gebannten Konzertsouvenirs, blinkt das mit ungeheurer Frische und leidenschaftlicher Spielfreude gesegnete Live!, 5 Sterne, noch immer wie ein seltener Edelstein aus einem Haufen Glasscherben hervor. Als Rastaman Vibration, 4 Sterne, im April 1976 erschien, war Marley ein gemachter Mann. Umso erstaunlicher die Tatsache, dass das abermals in den Harry J. Studios in Kingston unter der Ägide von Chris Blackwell und den Wailers eingespielte Album das erste war, das-mit insgesamt zehn Tracks – nur zwei eher schwächere Kompositionen Bobs („CryTo Me“, „Night Shift“) enthielt. Die Trennung von Tosh und Wailer kompensierte Marley mit süperbem Material von Trenchtown-Spezi Vincent Ford („Positive Vibration“, „Roots, Rock, Reggae“),den Barrett Brothers („Want More“,“Who The Cap Fit“) und, man höre und staune, Ehefrau Rita Marley („Johnny Was“, „Rat Race“). Besonders „Rat Race“, ein poetischer Zornesausbruch gegen die jamaikanische Politik und „War“ mit scharf formulierten Black Power-Ideologien, gehen unter die Haut.
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