Loretta – The Swimming Pool :: Folk-Rock
Der Rock n Roll ist ja so eine einfache Sache: Man schraubt ein Schlagzeug, zwei Gitarren und eine Bassgitarre zusammen, schmiert die Maschine mit einer großen Menge Öl – der Schwede lächelt wissend -, aber gemeint ist nicht Bier, sondern ein unerlässlicher romantischer Schmierstoff aus Melodien, Träumen, Sehnsüchten, Trauer, Zorn und Liebe. Und Authentizität, möglicherweise, aber das ist ein schwieriges Ding, wie man hier sieht: Die Band Loretta nämlich kommt nicht etwa aus dem Südwesten der USA, sondern aus dem Südwesten Deutschlands, und trotzdem käme niemand auf die Idee, hier ein Wort wie „Imitation“ auch nur anzudenken. Ich schlage folgende Szenerie vor: Der Sonnenuntergang ist etwa eine Viertelstunde her, der Lieblingsmensch in Reichweite, ein paar frisch gestohlene Maiskolben dampfen ihren Butterduft in die Abendluft; da sitzt die Katze und blickt traumvergessen in die tiefblaue Ferne, und wie ein Stück Herbstlaub vom gelassen schwappenden Swimmingpool wird der gedehnte Moment getragen von perlenglitzernden, transparent schimmernden Songs, der Zeit enthoben und urgemütlich -ohne Bart, auch wenn die beiden Männer auf dem Cover anderes vermuten lassen. Wenn wir zwischendurch momentweise aus den warmen Tiefen von Ruhe und Schönheit auftauchen, dann vor Erstaunen: über die enorme Produktivität von Loretta, der die Songs entsprudeln, als wäre das nichts. 16 Stück sind es diesmal, nostalgisch-augenzwinkernd verteilt über vier virtuelle Vinyl-LP-Seiten; und wenn wir feststellen, dass der schönste ausnahmsweise nicht aus der Feder von Band-Kopf Andreas Sauer stammt, sondern aus der des Kollegen Klaus Paul – „My Backyard“, auf den wahrscheinlich selbst die Beatles stolz gewesen wären, zumindest George Harrison -dann heißt das nicht viel: Es ist wie gewohnt kein einziger Ausfall dabei, keine Schwachstelle, bei der man zur Skip-Taste greifen möchte. Was rock-,gar- iiih! – – poptechnisch in den letzten 20 Jahren passiert ist, ist Loretta so wurst, wie uns in solchen gedehnten Momenten die aktuellen Trend-Tendenzen in der Werbewirtschaft wurst sind. Irgendwann ist es dunkel geworden, vor dem Fenster zirpen die Heuschrecken, und da fällt uns auf, dass die Platte aus ist. Und da holen wir eine Kerze, machen eine Flasche Rotwein auf und die Platte noch mal an. Und denken, dass der Rock ’n‘ Roll doch scheinbar eine so einfache Sache ist.
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