Die Goldenen Zitronen – Schafott zum Fahrstuhl :: Für immer Punk

Von der Wut zur Verbitterung ist es nur ein kleiner Schritt. Beweglichkeit, Aktions-und Reaktionsvermögen bewahren Die Goldenen Zitronen davor, dort zu landen, wo man sie stur und starr geworden abhaken könnte. Ihre Kontraposition bleibt funky und sexy im gleichen Maß wie sie äußeren Reformeinflüssen widersteht.“Für immer Punk“, tatsächlich, irgendwie. Forever young? Bloß nicht. Nicht unter den von Tanz-TV und World-Wide-Dot-Com-Poppern gestellten Bedingungen. Denen pissen die Zitronen auch mit ergrauten Schläfen noch an Bein und Litfasssäulen. Schorsch Kamerun, dem vielleicht besten oder „wichtigsten“Texter, den wir haben, geht es darum, Phrasen, Phlegma, Propaganda der Macht- und Marketingmonster und des manierlich dahintreibenden Mainstream ohne Angst vor „Widersprüchen“ abzubilden, Verachtung zu schenken, ad absurdum zu führen. Das gelingt im „Bananenlied“ sogar als wüster Hit, beim zynischen „Comeback des Tempomat“ als Retro-Synthie-Hymne und fast immer angemessen hysterisch, nervig, zerrüttend. Nur „Der Mann der mit der Luft schimpft“ und „A Stream Of Consciousness“ riecht etwas streng nach Avantgarde und Musiktheater. Die Fakten: Hans Platzgumer macht Pause, Mense Reents (Stella, Egoexpress) hilft aus. Gastauftritte haben Peaches, Melissa Logan (Chicks On Speed) und ihre Schwestern sowie Jens Rachut (Ex-Dackelblut). Musikalisch beliehen werden bei allem Grundscheppern und feister Glam-Rock-Attitüde die Achtziger. Das machen im Moment ja alle. Doch die Zitronen zeigen, dass auch das meist gescholtene Jahrzehnt in der Zeitrechnung der U-Musik eine radikale Seite hatte – nur ein Nebenverdienst von Schafott zum Fahrstuhl.

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