England’s Dreaming :: Punkschinken: Als London brannte

25 Jahre ist sie inzwischen her, die wohl bedeutendste musikalische und gesellschaftliche Revolution in der internationalen Jugendkultur seit den Beat-Tagen der Swinging Sixties. Erstmals erscheint diese im englischen Original schon 1992 veröffentlichte Studie des Punk-Phänomens jetzt in deutscher Sprache. Höchste Zeit, möchte man meinen, denn der standesgemäß in schwarzes Leinen gebundene Wälzer lässt kaum Fragen offen. Jon Savage, Jahrgang 1954, neben diversen Musikmagazinen auch für renommierte Blätter wie den „Observer“, den „Guardian“ oder „The Face“ aktiv, war nicht nur dabei, sondern mittendrin. Er weiß also, wovon er redet, kennt Milieu, kennt Figuren, und erzählt so authentisch, wie es war, bleibt dabei jedoch angenehm neutral und sachlich. Die Geschichte beginnt-wo sonst? – in King’s Road 430, dem späteren Klamottenladen „Sex“ von Malcolm McLaren und Vivienne Westwood in London, und sie endet mit dem letzten Konzert der originalen Pistols am 14. Januar 1978 im „Winterland“ in San Francisco. Aber nicht nur die Chronik wird erzählt, Savage liefert wichtige Querverweise zur quirligen US-Szene mit Bands wie den Ramones und Clubs wie „CBGB’s“ oder „Max’s Kansas City“. Und er setzt längst vergessenen Formationen wie Germs, Weirdos oder Dils ein Denkmal, die zwar schon damals nur Insidern bekannt waren, aber nichtsdestotrotz das Rückgrat der Bewegung bildeten. Und zwischendurch gibt’s jede Menge Fotos, etwa den adrett gekleideten Teenager Sid Vicious, herzliebste Kinderbildchen von Zampano Malcolm McLaren oder Schnappschüsse der Hauptprotagonisten Siouxie & The Banshees, The Clash und natürlich Sex Pistols. Befragt wurden Zeitzeugen wie Vicious-Mutter Anne Beverly, Howard Devoto, Ed Kuepper, Morrissey, Joe Strummer, Adam Ant, Derek Jarman und Jah Wobble. Einige der hier befragten Personen sind inzwischen verstorben. Allein schon deshalb ist England’s Dreaming eine Fakten-Fundgrube, wie sie anno 2001 kaum noch realisierbar gewesen wäre. Hier gibt’s den echten Stoff, der Nirvana, Offspring und Limp Bizkit erst möglich gemacht hat.

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