Moon Unit Zappa – Heyne Verlag, 384 Seiten, DM 28,– :: Nichtnochnzappabuch
Verlassen zu werden, hat immer etwas Unrühmliches. Die Mitteilung über das Aus und Vorbei per Fax zu erhalten, erst recht. Für America Throne, Synchronsprecherin in chronischen Finanznöten, geht eines schönen Morgens (fast) die Welt unter, als sich ihr Liebster Jasper fernmündlich, aber immerhin schriftlich aus der gemeinsam verplanten Zukunft ausklinkt. Was folgt, ist der ganz normale Wahnsinn zwischen nagendem Selbstzweifel, Schokolade-Fressattacken, Telefon-Terror, sinnlosen Dates, Frustkäufen und verheulten Nächten zwischen Kleenextüchern und Fernsehprogramm. Damit nicht genug: Als Tochter des Malers Boris Throne, seines Zeichens weltberühmt sowie früh verstorben, muss sie sich nicht nur mit ihrer gescheiterten Beziehung auseinander setzen, sondern auch ihre Kindheit als waschechter Hippie-Sprössling aufarbeiten. Je länger ihr Leiden dauert und sich die Pfunde auf den Hüften ebenso wie die Selbstzweifel dramatisch häufen, desto klarer werden ihr die Zusammenhänge. Mit Akribie und umwerfender Komik dröselt sie noch einmal frühe Kindheitserlebnisse auf, erinnert sich an das alltägliche Künstler-Chaos sowie das bittere Gefühl, den Vater keine Sekunde für sich allein zu haben. Der nämlich geht lieber mit ihrer Lehrerin fremd, erklärt den Lieblingsteddy von Klein-America zum öffentlichen Kunstobjekt und tyrannisiert die Familie mit seiner ausufernden Egozentrik. Moon Unit Zappa, Tochter von Berufs-Enfant-Terrible Frank Zappa, hat sich in ihrem Romandebüt auch ihre eigenen Erfahrungen („zu 17,2 % autobiografisch“) von der Seele geschrieben. Dennoch ist America The Beautiful keine bittere Abrechnung geworden, sondern ein umwerfend komischer, beißender Roman mit viel Tempo, aber auch melancholischen Zwischentönen. Zum guten Schluß ist America um viele Einsichten reicher und hat Unmengen Earl Grey-Tee getrunken. War – wir sind schließlich in Los Angeles – in Therapie und Schwelgecamp sowie bei einer rülpsenden Wahrsagerin, trifft eventuell doch noch auf Mr. Right und hat sich vor allem ein gutes Stück weit von ihrem Selbsthass befreit, der ihr wie ein Furunkel auf der Seele hing. Befreit hat Moon Unit Zappa den Leser hingegen von dem fatalen Aberglauben, in einem kompromisslosen Hippie-Haushalt fern aller Bausparverträge und Einbauschränke aufzuwachsen, sei immer und unter allen Umständen beneidenswert. Tofu statt Rollbraten kann eben auch nach hinten losgehen – alles eine Frage der Dosierung. -» www.heyne.de
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