The Who – Tommy: Original Soundtrack; The Who – Quadrophenia – Original Soundtrack; The Who – The Kids Are Alright: Original Soundtrack :: Rock: Flaggenträger

Schon mit der exzellenten 4-CD-Luxus-Box-30 YEARS OF MAXIMUM R&B von 1994 setzte sich der verantwortliche Jon Astley selbst ein Denkmal. Für die Veröffentlichung sämtlicher Who-Alben (abgesehen von dem rechtlich in Händen von Produzent Shel Talmy befindlichen Debüt MY GENERATION) in der zweiten Hälfte der Neunziger sichtete der Who-Maniac dann noch einmal die Archive, bereitete digital auf, versah Original-Artwork mit detaillierten Infos und Fotos,fand zahlreiches unveröffentlichtes Material und grub obendrein noch nahezu komplett bis dato verschollen geglaubte BBC Sessions aus – selbst die drei verbliebenen Who-Rentner staunten über den kompetenten Zeitgenossen. Mit den drei Soundtrack-Werken TOMMY, QUADRO-PHENIA und THE KIDS ARE ALRICHT findet Astleys „Lebenswerk“ ein vorläufiges Ende. Das Who-Original von TOMMY kam 1969 in die Plattenläden, die orchestrale Version mit dem London Symphony,Orchestra und zahlreichen Caststars (u.a. Rod Stewart, Steve Winwood, Peter Seilers) aus dem RainbowTheatre erschien im November 1972. Und 1975 verfilmte der britische Ausnahme-Regisseur Ken Russell die an sich krude Story vom blinden, durch schreckliche Ereignisse in der Kindheit geprägten Jungen, der erst zum Flipper-Champion, dann zum Messias aufsteigt, schließlich aus der Gesellschaft aussteigt, als grellbuntes Psychedelical im Kinoformat in Starbesetzung. Zur Premiere erschien noch im Produktionsjahr der Original Soundtrack TOMMY, 4 Sterne, zum dritten Mal innerhalb einer halben Dekade fand der Songzyklus kommerzielle Auswertung. Obwohl die zuhauf mit prominenten Musikern (u.a. Ronnie Wood, Kenny Jones, Nicky Hopkins) besetzte Platte nicht an das ’69er Original heranreicht,finden sich dennoch einige Glanzlichter: Elton Johns Performance als „Pinball Wizard“ etwa,Tina Turners brillant-ekstatische Verkörperung der satanischen „Acid Queen“ oder Eric Claptons subtile „Priester“-Impression („Eyesight To The Blind“). Als schmieriger Kinderschänder „Uncle Ernie“ setzte Keith Moon die Messlatte selbst für Absolventen der Royal Shakespeare Academy hoch. Nicht minder überzeugend: Ann-Margret und Oliver Reed als „treusorgendes“ Elternpaar, Paul Nicholas in der perfiden Rolle des sadistischen „Cousin Kevin“ sowie Jack Nicholsons öliger Charme als geiler „Doctor“. Nach dem immensen Erfolg beiderseits des Atlantiks mit dem Hard-Rock-Epos WHO’S NEXT, ursprünglich als interaktives Projekt „Lifehouse“ (en detail ein Prä-Big-Brother-Event, für das damals kein TV-Sender Interesse fand!) geplant, kehrte Who-Mastermind Pete Townshend 1973 abermals zum Konzeptformat zurück: QUADROPHENIA spiegelte die Ära des eigenen Aufstiegs wider, als das Mod-Movement, ein auschließlieh auf England begrenztes Jugendphänomen, in voller Blüte stand. Weitaus realistischer als Russells TOMMY-Verfilmung, fing das von Franc Roddam 1978 in enger Kooperation mit Townshend entstandene Werk mit jungen, bis dato unbekannten Darstellern (u.a. Sting.Toyah) besetzt, den Zeitgeist 1964/65 perfekt ein: Adrett frisierte, in hautenge italienische Designeranzüge und alte Armeeparka gezwängte Jugendliche auf flott verzierten Vespas liefern sich an den Wochenenden mit den Gegenkultur-Rudimenten der voherigen Generation, den Teds, gewaltige Schlachten im britischen Seebad Brighton. Für den 1979 erschienenen Soundtrack QUADROPHENIA, 4 Sterne, wählten The Who 13 Keytracks (u.a. „I Am The Sea“, „The Real Me“, „5.15“,“Love, Reign O’er Me“,“The Punk And The Godfather“) des barocken ’73er Originals aus, verfeinerten und optimierten die Klangqualität und fügten drei unveröffentlichte Titel („Get Out And Stay Out“, „Four Faces“, „Joker James“) hinzu. Kontrastreich aufgefüllt mit unsterblichen Evergreens (The Chiffons‘ „He’s So Fine“,The Ronettes'“Be My Baby“, The Cascades „Rhythm Of The Rain“) und Soul/R&B-Classics von James Brown („Nighttrain“), Booker T. And The MG’s („Green Onions“), The Kingsmen („Louie, Louie“), Cross Section („Hi Heel Sneakers“) sowie der längst vergriffenen High Numbers-Single „I’m The Face“/“Zoot Suit“, eine Reminiszenz an den verstorbenen ersten Who-Manager Peter Meaden – unterm Strich knapp 80 Minuten pures Musikvergnügen. In der Planung war die aus raren TV-Auftritten, Liveschnipseln und Interviewsegmenten zusammengestellte Kino-Retrospektive THE KIDS ARE ALRIGHT, 5 Sterne, schon seit 1976. Mit Keith Moons vorzeitigem Ableben erhielt der anderthalbstündige Karrierequerschnitt allerdings bei der Premiere 1979 eine eigentümlich wehmütige Würze. Diverse, seit Jahren auf dem Bootlegmarkt zirkulierende Mitschnitte wurden nun offiziell zugänglich: Der fragile, eindrucksvolle TOMMY-Auszug („Pinball Wizard“, „Sparks“, „See Me Feel Me“) fiel beim Schneiden des über dreistündigen Woodstock-Movies der Schere zum Opfer. Für die Beat-Club-Aufzeichnungen („Magic Bus“, „Tommy, Can You Hear Me?“) von Radio Bremen und für den US-Kanal CBS („I Can See For Miles“) benutzten Townshend und Co. zwar zuvor präparierte Halbplaybacks, Gesang und ein Großteil der Instrumente erklingen dennoch live. Die damals hoch gehandelte, weil seit einer Dekade auf Halde liegende großartige Präsentation der Minioper „A Quick One.While He’s Away“ aus dem „The Rolling Stones Rock’n’Roll Circus“ erstaunte selbst Who-Kenner ob der gebrachten Leistung. Das 1972 in den Londoner Olympic Studios aufgezeichnete „Long Live Rock“, erst im April 1979 als Single erschienen, hätte das Zeug dazu gehabt als gleichwertiger Nachfolger von „Join Together“ in die Who-Historie einzugehen. Bei den kraftvollen Fassungen von „Baba O’Riley“ und „Won’t Get Fooled Again“ aus den Shepperton Studios vom Mai 1978 schließlich erstrahlen The Who noch einmal in vollem Glanz – wenige Monate später war dieses Kapitel durch den tragischen Tod Keith Moons endgültig abgehakt.

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