Blumfeld :: Testament der Angst

Vorsicht! In Pomusik verpackter (Welt-)Schmerz! Blumfeld erfüllen auf ihrem neuen Album zwar wieder die kuschelige Form ihrer vorausgegangenen Werke, doch über Bandoberhaupt Jochen Distelmeyer stehen graue Wolken am Firmament. Ernster deutscher Pop: Wunderschönes Grau.

Vom Verteidigen Blumfelds gegen beleidigend gemeinte Schlager-Vorwürfe schon ganz müde geworden, darf man sich gerne auch einmal selbst fragen: Was liegt mir noch an Kunst, Konzept, Klasse dieser Kapelle, die vielen exklusive Herzenssache war, nun aber nach Romantik, seichtem Pop und Herzschmerz und so gar nicht mehr nach Untergrund klingen mag? Weil: Indie, das waren wir eigentlich nie. Die Nachricht lautet: Testament der Angst spinnt die Idee vom wahren und wahrhaftigen Mainstream, von der neuen Einfachheit weiter. ‚ Musikalisch vollenden Blumfeld dabei die Form, mit feinsten Melodien, Butterarrangements und einem grauenhaften 80s-Saxofonsolo in „Graue Wolken“. Das kann jene sowieso nicht mehr schrecken, die gegen alle Widerstände schon mit OLD NOBODY kuschelten. Doch Vorsicht: (Welt-)Schmerz! Testament der Angst malt auch nach dem gleichnamigen Opener graue Wolken ins Firmament – bei aller Liebe, denn die, nur die verspricht Rettung. Auch wenn sie Jochen Distelmeyer in „Weil es Liebe ist“ wieder allzu analytisch beschreibt. Der Rest ist Resignation, Trauer, Angst, im besten Falle Wehmut. Mag diese Angst im Dialog mit den Chormädchen bei „Anders als glücklich“ auch ironisch gebrochen sein; mögen sich Blumfeld auch anklagend, doch wie zum letzten Mal gegen die „Diktatur der Angepassten“ stemmen. Man darf sich Sorgen machen, vielleicht auch um sich selbst. Denn Recht hat Distelmeyer natürlich wieder, hinein bis in manch fragwürdiges Detail aus der Phrasendreschmaschine. Und doch: eine wunderschöne Platte – wenn das jetzt noch geht.

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