Badly Drawn Boy, Köln, Prime Club
Der Mann mit der festgetackerten Mütze perfektioniert zweierlei: interessantes Songwrrting und einen charmanten Hang zu Kauzigkeit. Die Popstan im neuen Jahrtausend sind anders. Auf alle Fälle freundlicher-wenn auch nicht unbedingt zurückhaltend. Und sie wissen, wie man mit Erwartungshaltungen clever umgeht: Man sollte sie erfüllen. Ganz so wie Badly Drawn Boy, der im Kölner Prime Club dergestalt auftrat, wie man sich das vorab vorgestellt hatte. Als vollbärtiger Kauz, als liebenswert-charmanter Sonderling, als Catweazle-Lookalike – und natürlich mit einer gehäkelten Mütze auf dem Songwriter-Schädel.Eine Kopfbedeckung, die man gar nicht genug würdigen kann. Vor allem deshalb, weil sieder Musiker aus Manchester millimetergenau platziert hat: Die Augenbrauen sind komplett bedeckt, die Augen selbst lugen keck ins Auditorium. Sehen kann Badly Drawn Boy, der eigentlich Dämon Gough heißt, also genug – und was er sieht, hält er für ausbaufähig: Mehr schöne Mädchen sollen in die erste Reihe kommen, fordert er, und überhaupt könntenjaalleim Laufe des Konzerts mal nach dem Rollprinzip nach vorne kommen, um ihm nahe zu sein und sich dann vorübergehend entsprechend wichtig zu fühlen. Spricht’s, spielt dann mit seiner Band ein paar Songs von seinem famosen Album „The Hour Of Bewilderbeast“, Lieder wie „The Shining“ und „Camping Next To Water“ pendeln launig zwischen Folk, Rock und Pop und sind auch live mit allerlei Samples garniert. So lange, bis Badly Drawn Boy, der im Übrigen alkoholbedingt so ziemlich alle Lichter brennen hat, die man brennen haben kann, zur nächsten Schnurre anhebt-,,l have to apologize for my height – l’m so small, the people in the back can’t see my beauty“-, dann flugs sechs Plektrons verschluckt, die Kunststoff plättchen fürs Saitenzupfen aber dann doch nicht aufisst, sondern wieder ordentlich am Mikrofonständer drapiert. Bei „Another Pearl“ wird gerockt, gedehnt und zerfasert, und danach kommen die sentimentalen Vaterfreuden dran. Und die ist Badly Drawn Boy bereit zu teilen. Er sei vor dreieinhalb Monaten Vater geworden, und er reiche jetzt mal ein Foto vom Nachwuchs herum. Versehen mit der dringenden Bitte, dass das Bild doch später wieder bei ihm landen möge, es sei sein einziges. Und überhaupt habe er ein verdammt schlechtes Gefühl, hier den reisenden Popstar zu geben – aber eben auch eine Aufgabe zu erfüllen. Berechnend? Nie im Leben. Verkitscht? Anrührend? Möglicherweise. Vor allem aber: eine verdammt gute Performance. Nach zweieinhalb Stunden parkt die Häkelmütze immer noch wie festgetackert an derselben Stelle wie zu Anfang des famosen Konzerts, das Publikum ist enthusiasmiert, und das Bild seiner kleinen Tochter hat Badly Drawn Boy auch wiederbekommen, was ihn arg freut: „Meine schönen Lieder kanntet ihr ja schonjetzt wisst ihr auch, was ich sonst noch so Schönes zu Stande bringe.“ Missionswerk Kauzigkeit erfüllt. Vorerst zumindest.
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