Marilyn Manson, Hamburg, Sporthalle
Der Antichrist bat zur Audienz, die Lack-und-Leder-Cemeinde folgte – auch beim „Fuck you!“-Appell.
Mansons Fans wissen, Was sie ihrem Idol schuldig sind. Wenn Brian Warner zum Tänzchen lädt, hat man gefälligst in Abendgarderobe zu erscheinen. Dass die sich im Zweifel dann eher aus Lack und Leder denn aus Gala-Robe und Smoking zusammensetzt, versteht sich von selbst. So trifft man am Bierstand die nette Drag-Queen von nebenan und kann sich zu den als Pausenfüller eingesetzten Stones-Songs darüber austauschen, wie unpraktisch doch so ein String-Tanga als einziges Beinkleid zur kalten Jahreszeit ist.
Was dann folgt, ict so durchgestylt wie das bunt zusammengewürfelte Publikum. Mit viel Trara fällt nach kurzem Keyboard-Intro der Vorhang und da stehen sie, die Psycho-Schergen und ihr finsterer Anführer. Gehüllt in Schminke, Spitzen und schwarze Höschen steigt die Combo ohne größere Umwege ins professionell umgesetzte teuflische Programm ein. Den thematischen Überbau des Abends gibt es erst als Ankündigung zu „The Fight Song“ zu hören. „Jetzt habt ihr die Chance, endlich mal das auszusprechen, was ihr schon immer sagen wolltet.“ Und so erschallt aus tausenden Kehlen ein an Lehrer, Eltern und andere Autoritätspersonen gerichtetes „Fuck you!“, ganz augenscheinlich ein konsensfähiges Statement. Manson selbst scheint heute bester Laune zu sein, verzichtet auf jegliche Selbstverstümmelungen und turnt stattdessen zu „Rock Is Dead“ und „Dope Show“ im ausgelassenen Hopserlauf über die Bühne. Und wie es sich für eine Show im besten US-Entertainment-Stil gehört, wechselt er mehrfach die Garderobe und präsentiert die aus seinen Videos hinlänglich bekannten Outfits: Mal höllischer Stelzenmann, dann in 101-Dalmatiner-Manier im schwarzweiß-gefleckten Mantel, schließlich als Kardinal bei einer so duften Gothic-Rock-Party dürfen selbst Konfetti-Kanonen nicht fehlen. Bei „Sweet Dreams“ schließlich gehen alle bis dahin unerfüllten Träume in Erfüllung: Erst fallen unter großem Jubel Mansons Hosen-Fragmente, dann folgt der große Auftritt eines jungen weiblichen Fans. Erst mal auf der Bühne, ziert sich die Kleine dann auch nicht lang: flugs niedergekniet, schon darf der Antichrist sich ihrer bedienen – natürlich auch das alles nur Show. Doch neben allem Brimborium: diese Band versteht ihr Handwerk.
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