Kopfrocker - Das Musikerkollektiv aus Chicago sagt auf seinem Album Nummer vier, dem ersten auf dem Elektronik-Label "Warp", dem Postrock den Kampf an.

Wahrscheinlich haben Tortoise einfach nur ein paar Konzerte zuviel gespielt in den vergangenen Jahren. Die Live-Shows der intelligentesten Instrumentalband der Welt zeigten zuletzt jedenfalls die Tendenz, selbst eine aufgeschlossene Rock-Kundschaft zu langweilen. „Seneca“, das sechsminütige Eröffnungsstück auf dem vierten Longplayer des Kollektivs aus Chicago um die Herren John McEntire und Doug McCombs, sagt nun allen Ermüdungserscheinungen im Postrock hörbar den Kampf an: Im ersten, kürzeren Teil des Songs schwellen die Gitarren zu monströsen Klanggewittern an, die ein Neil Young wahrscheinlich liebend gerne für sein Album ZUMA eingekauft hätte. Was dann in Part Two folgt, ist der stärkste Beitrag der Band seit dem legendären „Djed“ – ein Citarrenkarussell mit Schwarzlichtblitzen und einer Portion Extra-Beats. Die zehn Tracks auf STANDARDS demonstrieren eindrücklich die Weitläufigkeit von Tortoise – Krautrock, Jazz, Marinnba-Pop und Spurenelemente des Minimalismus finden auf dem Album unter melodisch wieder reizvolleren Konstellationen fließend zueinander. Daran wird sich die Internationale der abstrakten Rockmusik in diesem Jahr messen lassen müssen. Und dass dieses Album in Europa beim renommierten Elektronik-Label Warp erscheint, ist nur eine weitere Fußnote in derTortoise-Saga. STANDARDS bewältigt trotzdem keine größeren elektronischen Ausgrabungen als die bisherigen Veröffentlichungen der Band. Es steht wie seine Vorgänger ganz einfach majestätisch für sich. www.brainwashed.com/tortoise