Godspeed You Black Emperor! – Levez Vos Skinny Fists Comme Antennas To Heaven :: Indierock

Achtung! Diese Platte hat einen enorm hohen Prog-Faktor. Den könnte man jetzt nutzen, um einmal zu diskutieren, warum zum I Beispiel der Emerson-Lake-&-Palmer-Faktor der Smashing Pumpkins so unangenehm ist, was also an dem heutzutage meist als diffuse Einheit erinnerten Prog-Gerocke überhaupt mehr und weniger „gut“ war und ist. Das lassen wir aber, denn es führt zu weit beziehungsweise gar nirgends hin; stellen wir immerhin fest: Für wen die siebziger Jahre erst mit den Sex Pistols begonnen haben, der ist hier falsch. Oder gerade richtig. Godspeed You Black Emperor! kommen aus Montreal, Kanada jener Gegend, wo der Holzfäller-Rock seit Jahrzehnten seine eigenen Klischees in den Schatten stellt und rechts überholt. In diese musikalische Landschaft passt die neunköpfige, aufreizend bescheidene Band so gut hinein wie das Raumschiff Enterprise in ein Straßenbahndepot. Der britische „New Musical Express“ nannte Godspeed You Black Emperor! vor einem Jahr in Dezimeter-Überschrift die „letzte große Band des Jahrhunderts“, und „groß“ ist das richtige Wort: Vier Stücke füllen ein Doppelalbum,fast 90 Minuten-da sind wir wieder beim Prog-Rock und jenen legendär-verschwurbelten TALES FROM TO-POGRAPHIC OCEANS angelangt, in denen Yes 1973 die epische Suche nach Sinn und Urgrund von Leben, Welt und Universum unternahmen. Aber der Unterschied ist fundamental: Was damals mystisch verbrämt und durch endlose Diskussionen gefiltert als Sammelsurium von Deutungsversuchen scheiterte, gelingt Godspeed You Black Emperor! so perfekt, dass es den Hörer nicht nur vom Hocker, sondern vom Planeten reißt – weil sie nicht deuten, nicht auslegen, nicht interpretieren, sondern einfach sind. Es ist eine Zeitlupen-Explosion purer Musik, die hier passiert, von grandioser Melancholie und Schönheit, mit Melodiebögen, die über Viertelstunden hinweg tragen, mit Gebirgen von Klang und Ozeanen der Stille – ein Wechselbad aus Sinfonie und scheinbarem Geräusch-Zufall, der sich erst im großen Rahmen ordnet. Es ist eine Art Soundtrack ohne Film, ohne erläuternden Abspann, und wenn die Musik verklungen ist, bleibt keine Geschichte, in die man bequem zurückfallen kann, sondern die Ahnung einer überwältigenden Leere, die der Hörer selbst füllen muss – mit seinem eigenen Leben.

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