Fünf Sterne Deluxe
Neo.Now
Deluxemäßig -Zweieinhalb Jahre nach ihrem Debüt liefern die Paten des Großen Zweiten Deutschen HipHop-Booms den Nachfolger aus. Vorsicht! Hirnverrenkende Reime! (bzw. derbe Styles).
Ihr Debüt SILLIUM war 1998 der Energieschub, der den vor sich hin köchelnden deutschen Sprechgesang zum Aufwallen brachte- seitdem ist nichts mehr, wie es war in den deutschen Charts. Jetzt sind die Chefs wieder da, und es gibt – die „Jaja, deine Mudder“-Maxi letztes Jahr war ja schon ein Vorab-Schuss – viel Bescheid zu stoßen. NEO.NOW ist in weiten Teilen ein Update ‚ von SILLIUM. Abgrenzung ist weiter das große Anliegen, gegen die natürlich nichtsnutzige Konkurrenz, allerlei stumpfe Zeitgenossen und kommerzielle Vereinnahmung. Viel heiße Luft, aber wie exquisit die bei Tobi und Bo in Reime und Flow gepackt wird, das sollte der gesamten rappenden Nation die Tränen in die Augen treiben – von DJ Coolmanns und Marcnesiums ausgeklügelten Beats und vor seltsamer Samples hampelnden Arrangements ganz zu schweigen. Neben breitarschigen Rundum-Disses („Dumm“ klingt wie eine Coverversion von Fanta 4s „Zu geil für diese Welt“) und vor hirnverrenkenden Bildern strotzenden Eigenlob-Orgien wie „Dreh auf den Scheiß“ oder „Wie bidde?“ (vgl. „Dein Herz schlägt schneller“ vom Debüt) stehen bekiffte Phantasien wie die fast verstörend durchgeknallte Agenten-Hallu „Dr. Hossa“ („Hhhossssa!“ faucht der Höllenchor), Hedonismus-Hymnen ä la „Champagneros“ („Ich hab ne Fahne wie’n Rathaus“) oder Tanzbares (bei „Stop Talking Bull“ lässt der „Discotizer“ grüßen), wieder interpunktiert durch hinreichend dadaistische Miniaturen. Freilich – dankenswerterweise – lassen sich die Hamburger nie auf Betulichkeiten ein, schmeißen sich lieber beherzt in Dauerkiffer-Proll-Posen. Aber verpackt in den ganzen „Wir sind die Besten, wir vertragen am meisten“-Machismen lauern Subversivität und Statements gegen Konsumkult und die Abstumpfung der Spaßgesellschaft – da hat man dann sogar noch was gelernt dabei. Umfassend geil.