Meine erste Platte – Liebeserklärungen :: Herausgegeben von Holger Jenrich

FISCHER TASCHENBUCH VERLAG. 256 SEITEN, DM 16.90

Wer erinnert sich nicht gerne an sein erstes Mal? An klopfende Herzen, schwitzige Finger, die bohrende, alles entscheidende Frage, welche denn nun die Richtige, die einzig selig machende sei? An mühsam zusammengespartes Taschengeld, zumeist von Oma subventioniert, sorgsam versteckte Bravo-Hefte mit Suzi Ouatro-Postern.die Spaltung des Freundeskreises in „Mit“- bzw. „Ohne“-Plattenspieler? An bedeutungsschwangere Klappcover, knisternde Plattenhüllen, tiefschwarz glänzendes, schweres Vinyl, tanzende Staubflocken im Gegenlicht? Holger Jenrich hat für MEINE ERSTE PLATTE genau diese Erinnerungen von mehr oder weniger prominenten Zeitgenossen wie Götz Aismann, Hera Lind, Eckhard Henscheid oder Richard Rogler gesammelt. Da wird von Dual-Plattenspielern mit Lautsprecher im Klappdeckel erzählt, der elterlichen Musiktruhe.die nur s.,u ¿>;. .^ unter strenger Aufsicht und höchstens auf Zimmerlautstärke zu benutzen war, von Singles für fünf und LPs für 16 Mark 90, der heimlich per Mono-Ohrhörer unter der Bettdecke atemlos verfolgten Alan Bangs-Radiosendung, komplizierten Tausch- und Leihaktionen auf Schulhöfen, Fehlgriffen und Offenbarungen. Der Platte als Weltanschauung, Eintrittskarte für Kellerfeten und Pubertät wird hier von Holger Jenrich ein wohlverdientes Denkmal gesetzt. In Zeiten von MP-3 und seelenlosen Silberlingen eine längst überfällige, charmant umgesetzte Idee. Schade nur, dass häufig Semiprominenz zu Wort kommt und viele wirklich interessante Zeitgenossen, die zu diesem Thema sicher eine Menge zu sagen hätten, aus unverständlichen Gründen außen vor bleiben.Trotzdem unterm Strich ein tröstliches Buch für alle, die in unbeobachteten Momenten gerne die Nase ans geliebte Vinyl halten. Schwer, süßlich und metallisch zugleich, stimmt’s?