Emerson, Lake & Palmer – The Return Of The Manticore :: Bombastisch

Ein Manticore ist eine Bestie mit dem Körper einer kahlen Hyäne, der Fratze eines widerlichen Monsters und dem Heißhunger eines Vielfraßes. Manticore war auch der Name des Haus-Labels von Emerson, Lake & Palmer, auf dem das Barock ’n‘ Roll-Trio seit 1973 etliche Alben veröffentlichte. Jaaa, die frühen Seventies (schnalz), jene Jahre, als manchen Rockmusikern Flügel aus Genialität, Fantasie und Größenwahn wuchsen. Damit schwangen sie sich auf die allerhöchsten Wipfel der Kreativität und Selbstgefälligkeit, von denen sie nach Jahren grandioser und schauriger Egotrips durch einen Punk-Orkan hinfort geblasen wurden. Als die begnadetsten und eitelsten dieser Spezies agierten Keith Emerson, Greg Lake und Carl Palmer. Jeder der drei war – und ist – in seinem Metier eine Autorität. Keyboarder Emerson verkörpert das Urbild des bombastomanischen Elite-Akrobaten. Bassist, Gitarrist und Sänger Lake ist geborener Patriarch und melodiebewusster Feingeist. Drummer Palmer befiehlt mit Eleganz und geballter Energie über das kolossalste Schlagwerk des Universums. Gemeinsam badeten die Drei zu heiß im vereinigten Fundus von Bach und Bartolc und erfanden danach den Klassik-Rock, jenes hybride Ungeheuer – Manticore! – aus adaptionslüsterner Raserei, Sound-Eskapaden, (a)tonalen Ungewittern und sensationeller Virtuosität. Auf der 4-CD-Prachtbox THE RETURN OF THE MANTICORE, die nach längerer Abwesenheit in deutsche Regale zurück kehrte, resümieren die Edel-Archivare von Rhino sämtliche Tugenden und Laster der drei Großmeister. Dazu stöberten sie in den ’70er ELP-Studioalben (plus zwei Songs von BLACK MOON, 1992). Auch das previously Unreleaste ist von unverkennbarem Schrot und Korn: das Blaupausen-„Rondo“ (live, 1971), das entspannte Gemeinschaftsopus „Bo Diddley“ (1975) und die feine Miniatur „Prelude And Fuge“ (1971). Nur – ausgerechnet – die sechs ’93er Neueinspielungen (u.a. „Touch And Go“ und Arthur Browns „Fire“) verströmen gepflegte Langeweile. Aber selbst wenn man es versucht, dem Charisma der drei Artisten und der Verlockung jener geklotzten, nicht gekleckerten Musik kann man sich kaum entziehen. Size matters.