The Popes – Hollowaa

Holloway Boulevard

SNAPPER/SPV Im Nordwesten nichts Neues. Die Fiedel fiedelt, das Banjo gniedelt, das Schlagzeug rumpelt im Zweivierteltakt, und die Songs hören mitunter auf so folkloristische Namen wie „Hills Of Connemara“ oder „Paddy’s Got A Brand New Bag“. Natürlich ist Shane MacGowan. der Sänger mit dem Mut zur dentalen Lücke, auch noch ganz der Alte, wenn er im Titelsong von den Nutten und Dealern auf dem „Holloway Boulevard“ berichtet oder ein aufmunterndes „Waitress. Waitress, sit on my face“ bellt. Irischer Pogo, ein bisschen Honky Tonk, ein wenig Country und Rock ’n‘ Roll fertig ist der Soundtrack für den geselligen Darts-Abend mit reichlich Stout vom Fass, schlappen Sandwiches und lecker Whisky. 16 Songs, die vom Hörer früher oder später ein enthemmtes „Yaaaa-Hooooo-Hooooo“ einfordern. Man kennt sowas von alpenländischen Blaskapellen, wenn sich die Stimmung im Bierzelt bedenklich dem Höhepunkt zuneigt und die vollgetankten Jungs von der Freiwilligen Feuerwehr noch nicht genau wissen, ob sie sich nun prügeln oder doch einfach nur kotzen sollten. Aber HOL-LOWAY BOULEVARD ist natürlich politisch korrekte Stimmungsmucke, stammt sie doch nicht von irgendwelchen Rednecks aus dem Sympathisantenkreis der Vertriebenenorganisationen, sondern von Iren. Und die haben es deutschen Romantikern ja ohnehin angetan: so unterdrückt und trotzdem so lustig. Das riecht immer nach dem Freiheitskampf bodenständiger Torfstecher gegen blasierte Großgrund-Briten mit tuntigen Hüten und ist somit Balsam für vermeintlich linksliberale Seelen. Dass Abtreibung und Ehescheidung in Irland erst seit relativ kurzer Zeit nicht mehr mit Exkommunizierung,Teeren und Federn oder sonstwas geahndet werden, bleibt dabei natürlich besser unerwähnt. Irland ist besser als der Rest der Welt, die Iren sowieso und ihre Musik erst recht. Mitteleuropäische Menschen, die seit der Schulzeit kein Gedicht mehr gelesen haben, schwärmen von irischer Poesie, kritische Kirchenaustreter bewundern den fundamentalen Glauben der Insel-Katholiken. Zeitgenossen,die nur unter massivem sozialen Druck die nächste Runde schmeißen, berichten beglückt von irischer Gastfreundschaft, während brave Wehrdienstverweigerer im Pub zu alten IRA-Kampfsongs grölen, in denen es darum geht, dass alle fucking Engländer aufgeschlitzt gehören. Die Iren sind, vom bisweilen allzu platten Bedienen touristischer Klischees mal abgesehen, weitgehend unschuldig.The Popes auch. Die machen einfach nur ihr Ding. Für biertrinkende Mitteleuropäer mit einem Hang zur gemütlichen Rebellion aus zweiter Hand können sie nichts, (us) 3