Hans Söllner – 241255
Es gibt Neuigkeiten von Hans Söllner, wieder tragen sie ein Aktenzeichen, und dennoch haben sie diesmal soviel mit seiner Musik zu tun, wie schon lange nicht mehr. Ein neues Album ist es, dem der Söllner Hans ein Aktenzeichen gegeben hat, wohl wissend, dass sein neuestes Werk Gefahr läuft, nicht mehr zu sein als Begleitmusik zu einer ohnehin schrillen Justiz- und Politposse, wie sie wohl nur in Bayern passieren kann. Die Realsatire, wie unsouverän bayerische Politiker mit Satire und künstlerischer Kritik umgehen, hat eine lange Tradition, vom Abschalten des Bayerischen Rundfunks beim „Scheibenwischer“ seinerzeit, über die Verhinderung einer Kulturpreisverleihung an die Biermösl Blosn erst kürzlich. Auf der einen Seite der aktuellen Front stehen die Hardliner der bayerischen Staatsregierung mit ihrer autoritären Ausländer- und irrationalen Drogenpolitik, auf der anderen Seite der Söllner Hans, einer dieser typischen bayerischen Anarchisten, Integrationsfigur für Underdogs und leidenschaftlicher Marihuanakonsument, der sich das Kiffen kürzlich von oberster gerichtlicher Stelle in Berlin erlauben lassen wollte mit dem Argument, es sei zwingend notwendiger Bestandteil der Rastafari-Ganja-Religion, der er angehöre. Beide sind stur, wie es wohl nur Bayern sein können. Und weil der Söllner Hans nicht nur den Finger in die Wunde legt, wo es den Mächtigen in Bayern wehtut, sondern zudem ein rechter Streithansel ist, der halt nicht nur kifft, sondern es provokativ propagiert („Marihuanabaam“) und Drogenfahndern, die ihn bis in die kleinsten Dörfer nachhetzen, den nackten Arsch hinstreckt, wird auch die Obrigkeit recht gern unsachlich und haut mit dem ganz großen Richterhammer auf den kleinen Söllner Hans ein, bis sich nix mehr rührt. Ständige Razzien, offensichtlich an den Haaren herbeigezogene Vorwürfe und Strafen in Höhe von 140.000 Mark legen den Verdacht nahe, dass da ein Unbequemer mundtot gemacht werden soll. Dabei geht unter, dass die eher wilden Tage des Söllner Hans vorbei sind und ersieh auf seiner Doppel-Live-CD neben dem Reflektieren des dauernden „Fahndungsdrucks“ und dem Nachdenken darüber, was wohl in den Menschen vorgeht, die ihm derart nachstellen, in ruhigeren, nachdenklicheren Liedern auf Sinnsuche begibt, wovon das philosophierende „Blumen und Farben“, oder „Du traamst“ zeugen, in denen Hans Söllner mit dem sensiblen Blick des Vaters analysiert, in welcher kaputten Welt seine Kinder aufwachsen sollen. Nein, der Söllner Hans wird nicht schweigen, demnächst spielt er in Berlin im Knast, und am 12. Mai in der Volksbühne, wo einer aus der guten alten bayerischen Tradition der Volkssänger, die sich von nix und niemandem was sagen lassen, auch gar nicht so schlecht hinpasst.
Mehr News und Stories