Boss Hog

Whiteout

Scharf

„Es wird Zeit, dass endlich wieder mehr Sex in die Indie-Szene kommt“, äußerte jüngst eine Plattenfirmenfrau gegenüber dem hier vom Informantenschutz Gebrauch machenden Rezensenten und meinte damit, dass es wohl Zeit werde für ein neues, für eben dieses Boss Hog-Album. Noch „mehr“ Sex in die Indie-Szene, fragen wir uns hingegen, wo die doch schon überquillt von so sexy Bands wie, sagen wir mal, Built To Spill, Lambchop, Calexico oder Salaryman – um nur ein paar zu nennen, die alle beim Boss Hog-Label City Slang unter Vertrag stehen. Dass es da mal nicht zum vorzeitigen Ableben des Indie-Hörers durch überhöhte Hormonausschüttung kommt bei soviel Sex. Höhöhö. Nein, Boss Hog sind wirklich sexy, lebt die Band doch von der natürlichen Feindschaft zwischen Mann und Frau im Allgemeinen und der von Cristina Martinez und Jon „Blues Explosion“ Spencer im Besonderen. Die teilen sich seit einigen Jahren bekanntlich Band und Bett und verstehen es perfekt, die knisternde Spannung zwischen eben diesen beiden Polen in Musik und Optik umzusetzen. Boss Hog-Plattencover kennen nur ein Motiv: Cristina Martinez mehr oder weniger bekleidet (diesmal im weißen Bikini). Die schert sich nämlich einen Dreck um feministische Befindlichkeiten und gibt gerne das Sexsymbol, was hier jetzt mal gänzlich unkommentiert festgestellt werden soll. Einfach so. Fünf Jahre nach ihrem letzten Album BOSS HOC – damals noch beim Major-Label Geffen erschienen perfektionieren Boss Hog auf WHITEOUT mithilfe von Produzenten wie Andy Gill (ex-Gang Of Four),Tore Johanssen (Cardigans) und Jim Scalvunous (ex-Sonic Youth) ihre feurige Fusion von Soul, Funk und Rhythm ’n‘ Blues, die auf dem dreckigen, gitarrenlastigen Fundament des trashigen Indie-Rock steht und – wenn überhaupt – nur Vergleichen mit den Geistesverwandten von Make-Up standhält. Die heiße Scheiße fängt schon an beim gospeligen Opener „Whiteout“ mit einer funky 6os-Orgel und einem Bass, der in die Magengrube fährt – und sie hört noch nicht auf beim (obligatorischen) Duett Cristina Martinez/Jon Spencer in „Chocolate“, bei dem sich die Protagonistinnen gegenseitig zu Höchstleistungen anstacheln. Wem diese Sonny & Cher des Indie-Rock zu heiß sind, der kann ja zur Abkühlung die neue Lambchop-Platte auflegen. Das sind schließlich auch keine schlechten Menschen.