Air – The Virgin Suicides

Es war einmal in Amerika: Die Geschichte beginnt in einem gewöhnlichen Vorort auf einer hübschen Baum gesäumten Straße irgendwann in den 70er Jahren, und endet im fernen Armageddon. Sie erzählt von den mysteriösen Selbstmorden der fünf schönen Usbon-Schwestern. Nachzulesen auf der liebevoll zusammengestellten Homepage (www.virginsuicides.com) für den Debütfilm von Sofia Coppola, der im Frühsommer nun auch in unsere Kinos kommt. Dazu wird ein Soundtrack mit uralten Chart-Breakern von 10 CC, Gilbert O’Sullivan, Styx und Heart erscheinen – und dieser gewaltige „Original Motion Picture Score“ von Air. Jean Benoit Dunckel und Nicolas Godin haben sich auf eine“DarkSideOf The Moon Safari“ begeben, und was sie von dort mitbringen, sind Stimmungsbilder für eine bisweilen alptraumhafte Odyssee in die hintersten Winkel gemeiner Teenage-Obsessionen. Die makabre Story nach dem Roman von Jeffrey Eugenides findet im Song „Playground Love“, eine kongeniale Umsetzung. DerTrack, sorgsam ausbalanciert zwischen delikatem Bar-Jazz und den Elementarteilchen typischer Air-Melancholie, getragen von der Stimme Gordon Tracks‘, scheint wie auf Wolken zu schweben -Absturzgefahr inklusive. Die ersten Beats von „Clouds Up katapultieren uns dann augenblicklich auf den Boden der Tatsachen zurück, wo ein paar Jimi-Tenor-Klons über die Tanzfläche schleichen. Was dann folgt, sind opulente Soundgemälde, die von älteren Air-Fans nur noch mit spontanen Rufen nach Pink Floyd quittiert werden dürften. Längst verbotene Designer-Gitarren und ein paar Engelschöre schlingern ungeniert um einen einsamen Beat, der aus der Kälte kam. Und mit „Empty House“ ist Air fast ein Klassiker des Genres „gepfiffenes Lied“ gelungen -todtraurig und auch etwas schmalzig. Was brauchen wir da noch die Bilder in Cinemascope? Für September haben Godin und Dunckel ihr neues, reguläres Album angekündigt. Im Falle von Air darf das dazwischen geschobene Unternehmen Soundtrack als geglückt gelten,THE VIRGIN SUICIDES glitzert wie ein lange verschollener Diamant in der Abendsonne. Air spielen mit ihren Lieblingsmetaphern aus einer versunkenen Epoche, und die Emotionen fliegen dabei hoch.