Anatomie :: Kinostart: 3.2.

Wenn der Regisseur des Zeitgeistdramas TEMPO und des Alpenwesterns DIE SIEBTEL-BAUERN einen Horrorfilm dreht, dann lohnt das Hinschauen. Wenn Franka Potente als ehrgeizige Medizinstudentin auf eine Geheimloge von Medizinern stößt, für die die Erhaltung von Leben nicht das Primärziel ist, dann ist man erst einmal gebannt. Und doch will ANATOMIE als deutsche Antwort auf die gegenwärtige US-Horrorwelle nicht hundertprozentig zünden. Das liegt vor allem an einer nicht immer glücklichen Kreativentscheidung von Ruzowitzky: seine Figuren sollen so handeln, wie es ein Popcorn-Movie verlangt und nicht wie es die Logik gebietet. So wirkt selbst seine Heldin Paula immer wieder töricht bis schlimmstenfalls artifiziell und der Film niemals so spannend, wie er gerne wäre. Das ist bedauerlich, denn Ruzowitzkys Inszenierung ist elegant und der Look der leicht surrealen ANATOMIE-Welt ist perfekt: Immer wieder tastet sich die Kamera über glatte Oberflächen, hinter denen sich das Grauen verbirgt. In einer besonders perfiden Szene offenbart sich das idyllische Bild eines Jungen, der offensichtlich bei Loungemusik in einem Solarium relaxt, als purer Horror, wenn sich der Bildausschnitt ausweitet und offenbart, dass sein gesamter Arm skelettiert wurde. So verhält es sich mit dem ganzen Film, in dem nichts so ist, wie es zunächst scheint, der geschickt mit Erwartungen und Sehgewohnheiten spielt. Leider schöpft er das Potential nicht komplett aus: Wo er ans Eingemachte gehen und den Kopf verlieren sollte, bleibt er so rational und kühl wie die chromfarbenen Wände des Anatomiesaales. Start:3.2.