Thomas Chapin Trio – Night Bird Song

Thomas Chapin hätte ein ganz Großer des Jazz werden können. Einer, der das Erbe von John Coltrane und Eric Dolphy nicht nur angetreten hat, sondern es auch fortgeführt, in neue Bahnen gelenkt hat und noch wer weiß wohin geführt hätte. Wenn er nicht Anfang 1998 im Alter von 40 Jahren an Leukämie gestorben wäre. Was bleibt, ist eine Reihe von guten bis hervorragenden Schallplatten, die die Kunst des Saxophonisten für die Nachwelt erhält. NIGHT BIRD SONG ist so eine. 1992 an zwei Tagen live im Kampo Cultural Center in New York mit Mario Pavone (Bass) und Michael Sarin (Drums) aufgenommen, zeigt sie das Thomas Chapin Trio in einer frühen Phase, vor dem reifen Meisterwerk SKY PEACE von 1998. Bereits im „Opening“, einer knapp dreiminütigen Improvisation, wird die einmalige musikalische Kommunikationsfähigkeit des Trios unter Beweis gestellt. Chapins mystische Flötentöne, Sarins phantasievolle Percussion und Pavones zurückhaltender Bass verdichten sich zu einem kleinen musikalischen Meisterwerk. Der Rest ist solider Free Jazz. „Free“ bedeutet in Chapins Fall aber nicht erbarmungslos draufhauen, sondern die musikalische Freiheit auf intelligente Weise nutzen. Pausen setzen, Dynamik schaffen, grelle Saxophonsoli mit leisen Flötenpassagen und liebevollen Swing-Parodien konterkarieren und auf diese Weise neue Wege aufzeigen.