Selig – Für immer und Selig
Wirklich selig waren die fünf Hamburger eigentlich nur ganz am Anfang ihrer Karriere. Mit den energischen Songs und den bis an die Schmerzgrenze persönlichen und eigenwilligen Texten von Sänger Jan Plewka wurde die Band in der Folge ihres 1994er Debütalbums SELIG zu einem Vorreiter für eine ganze Welle von neuen deutschsprachigen Rockgruppen. Schon beim zweiten Album HIER zerrten allerdings die Fliehkräfte unterschiedlicher musikalischer Zielrichtungen an den Grundfesten der Band, der Spagat zwischen Hippie-Psychedelia, Schweinerock und Metal spreizte den Sound bis kurz vor den Sehnenriss. Selig suchten die Flucht nach vorn und experimentierten ohne wirkliches Konzept in einem New Yorker Studio mit Loops und Elektropop. Die Folge: Kurz nach der Veröffentlichung von BLENDER (1997) atomisierte die Gruppe. Eine kurze, traurige Geschichte. Dennoch birgt die Selig-Retrospektive FÜR IMMER UND SELIG (inklusive einer Bonus-CD mit Live-Tracks und drei Enhanced-Videos) zwei Aha-Erlebnisse: Zum einen erstaunt, wie viele Hits von „Wenn ich wollte“ bis „Sie hat geschrien“ Selig in so kurzer Zeit schreiben konnten. Viel wichtiger aber: Bei der Verwendung der deutschen Sprache im Kontext einer hart aufspielenden Rock-Band gelang Selig einer der wenigen intelligenten und vor allem stimmigen Gegenentwürfe zu der Teutonisierung und Brachialisierung der Popmusik in den 90er Jahren durch das Rammstein-Böhse Onkelz-Witt-Lager.
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