Folk Implosion – One Part Lullaby :: Wohlig

Daß Ex-Dinousaur Jr.-Bassist Lou Barlow einst LoFi-Pionier war, wird man in ein paar Jahren nur noch in verstaubten Indie-Rock-Lexika nachlesen können. Barlows Hauptband Sebadoh rockt Ende des 20. Jahrhunderts mächtig und mitreißend, und auch die neuen Folk Implosion-Hits klingen nicht mehr nach Küche, vier Spuren, Verweigerung. Wohnzimmer (kein Witz: dort wurde das Album aufgenommen), Multitrack, Pop stehen heute als Folk Implosion-Säulen in blühenden Landschaften. Ruhend in sich selbst und doch ruhelos in ihrer Kreativität versteigen sich Lou Barlow und John Davis in ihren Arrangements, feilen und frickein, um lichten Wohlklang, Transparenz bei erlesener Klangvielfalt, mal hypnotische, dann schlicht muntere Grooves bemüht. Und doch: Diese Musik klingt komponiert, nicht programmiert. Hätte meine Anlage eine Singer/Songwriter-Taste: Ich würde sie drücken und hören, daß ONE PART LULLABY auch alleine mit Barlows sanfter Stimme und der auch in der Vollinstrumentierung immer noch klangbestimmenden Gitarrenbegleitung funktioniert. Das ist der Stamm. Den immerwährenden Nebel am Fuße nennt man übrigens Melancholie, und dahin führen die Wurzeln. Den saugen Folk Implosion – allerdings lang nicht mehr so gierig wie früher – auf und wandeln ihn in positive Energie. So wachsen die Zweige immer weiter ins Licht. Alternativ für Nicht-Esoteriker: ONE PART LULLABY ist makellos, gut abgehangen und schlicht wunderschön.