Blur :: 10th Anniversary Single Box Set
Man wolle in Zukunft etwas anderes tun, hat Damon Albarn unlängst auf offener Bühne in Reading erklärt, und damit mal wieder die Spekulationen um den Fortbestand von Blur geschürt. Zehn Jahre nun machen Albarn, Gitarrist Graham Coxon, Bassist Alex James und Schlagzeuger Dave Rowntree schon gemeinsame Sache. Eine lange Zeit, in der die „spitzbübischen middle-class Kunststudenten“ („The Trouser Press Guide To ’90s Rock“) so manchen Strauß (man erinnere sich an die – im nachhinein ziemlich lächerliche -„Battle Of The Bands“ mit Oasis) ausgefochten haben, um Ende der Neunziger Jahre als eine der wichtigsten Bands, die England je hervorgebracht hat, und als eine, die mit den Niederungen des gemeinen Popbusiness so recht nichts mehr zu tun hat, dazustehen. Ein idealer Moment für eine (erste) Bilanz also. Und eine Werkschau, die opulenter nicht hätte ausfallen können. Alle Singles, alle B-Seiten. Insgesamt 22 CDs. 130 Titel. Acht Stunden Musik. Natürlich nicht billig. Knapp 300 Mark muß man für dieses exklusive Köfferchen auf den Ladentisch legen. Dafür kann man dann noch einmal die komplette Blur-History Revue passieren lassen. Von den „shoegazy“ („Q“) Anfängen („She’s So High“ und „There’s No Other Way“), mit denen das Quartett gegen den Madchester-Wahn der Happy Mondays antreten wollte. Über Britpop-Blaupausen („Girls And Boys“, „Parklife“, „Country House“) bis hin zum ambitionierten Art-Pop („Beetlebum“) und verklärten Soul („Tender“) der jüngeren Vergangenheit. Und natürlich „Song 2“, der Über-Hit, der wider Erwarten „Grunge“ noch einmal zum Thema machte. „Song 2“, der für Werbespots für Computer und Bier herhalten mußte und in der National Hockey League der USA die Stadien beschallte. „Song 2“, den sogar die US-Army für ihre Zwecke haben wollte. Angeblich zwei Millionen Dollar wurden damals geboten. Blur wollten statt der Kohle lieber die Tarnfarbe der Stealth Bomber für ihre Autos („damit wir uns nicht mehr mit Radarfallen rumärgern müssen“). Der Deal kam nie zustande. „Song 2“, den Graham Coxon für den beste Blur-Song hält und von dem er sich inzwischen wünscht, daß er nicht ganz so erfolgreich gewesen wäre. Aber eben auch die ganzen B-Seiten. Darunter die obligatorischen Extended- und Live-Versionen (man beachte hier vor allem CD 18 mit sechs Live-Aufnahmen aus einer John Peel-Session) und die Neubearbeitungen namhafter Kollegen (CD 9 offeriert zweimal „Girls And Boys“ in Pet Shop Boys-Remixen, CD 19 beinhaltet „Moby’s Minimal House“-Fassung von „Beetlebum“). Dazu gibt es eine Unmenge Tracks, die es – selten zu Recht, öfters unverständlicherweise – nicht auf die regulären Blur-Alben geschafft haben. Sei es „Es Schmecht“, eine erste Verbeugung vor den Krautrockern Can, seien es „Daisy Bell“ und „Let’s All Go Down The Strand“, für die Dämon Albarns Ex-Freundin Justine Frischmann (Elastica) die backing vocals einsang, sei es das mit Country- und David Bowie-Anleihen versehene „The Man Who Left Himself“. Oder jene Songs, in denen Blur ihre Favoriten verraten. Wie zum Beispiel My Bloody Valentine („Garden Central“), The Smiths („Uncle Love“), Erik Satie („The Horrors“) oder Gang Of Four („Shimmer“). Egal was Blur in Zukunft auch tun werden, sie haben jetzt schon bewiesen, daß sie viel mehr können als andere.
Mehr News und Stories