Super Furry Animals – Guerrilla :: Exzentrisch

Wales mischt weiter kräftig mit. Während die Manie Street Preachers, Stereophonics und Catatonia konventionelle Rockmusik auffrischen, stehen die Super Furry Animals in der Tradition der britischen Pop-Exzentrikerschule. Auch auf ihrem dritten Album basteln sie wieder fleißig und mit hörbar viel Freude an schrägen Melodien und ungewohnten Mischformen. In „Northern Lites“ lassen sie ein hübsches Beatles-Motiv auf einen Cha-Cha-Rhythmus prallen, als wäre es die normalste Sache der Welt. „Do Or Die“ peitscht mit Punk-Esprit an. „Turning Tide“ ist wieder so eine Großtat mit euphorischem Refrain und gemütlichem Schunkelflair. Die große Stärke dieser Band sind toll arrangierte Chorgesänge im Stile der Beach Boys oder Todd Rundgrens. Sie erfüllen einen wichtigen Nebenzweck: Gruff Rhys, der Mann mit dem stärksten Akzent auf der Insel, ist kein überragender Sänger und daher immer froh, wenn er Unterstützung durch Sound oder Stimmen erhält. Aber der Mann paßt zum nicht alltäglichen Wahnsinn der Super Furries. Wer sonst käme auf die Idee, Schüttelreime im Primus-Stil und analogen Elektronikterror zu einer Anti-Mobiltelefon-Tirade zu verarbeiten, die dann auch noch dreist „Wherever I Lay My Phone (That’s My Home)“ getauft wird? Spielwiesenklänge von Ausnahmeweirdos, sehr zu empfehlen.

The Seer – Organic (BMG Ariola)

„Krebsen ist womöglich das falsche Wort. Trotzdem gibt es hoffnungsvolle Bands, die nie so recht auf einen grünen Zweig kommen. Da rieseln Namen wie die Inchtabokatables, Fiddler’s Green oder M. Walking On The Water durchs Gedächtnis, und stets findet sich ein Unbeirrter, der tapfer zu bedenken gibt: „Aber live sind sie unschlagbar!“ Die Augsburger Folkpopper The Seer legen nun mit ORGANIC ein Live-Album vor, das im Augsburger Club Spectrum vor Augsburger Fans aufgenommen wurde. Die beklatschen dann auch eifrig eine schweißtreibende Performance, ihre eigene gute Laune und Melodien aus dem Fundus der irischen Volksmusik. Klassische Rockbesetzung, ein eigenes Streichquartett und der Stargast C.B. Green („Private Emotions“) wollen, können aber nicht über die Durchschnittlichkeit der meisten Kompositionen hinwegtäuschen und lassen ahnen, warum The Seer nie die Verkaufszahlen erreichten, die ihnen mal vorschwebten: das Album OWN WORLD wurde seinerzeit immerhin in Peter Gabriels Realworld-Studios eingespielt. So animiert das Programm nicht etwa zu fröhlichem Fingerschnippen, sondern zu rhythmischem Achselzucken. Zwar beherrschen die Musiker ihr Metier, doch pendelt das Material beständig zwischen Belang- und Harmlosigkeit – man stelle sich die Hooters ohne Hooklines vor. So gesehen ist „Krebsen“ wohl doch das richtige Wort.