Wilco :: Summer Teeth

Wenn Jay Farrar der „Song & Dance“-Meister ist, gilt Jeff Tweedy als „Sound & Vision“-Magier. Daß beide Ansätze ihre Berechtigung haben, ist klar, ebenso wie die Tatsache, daß es mit den beiden bei Uncle Tupelo nicht lange gutgehen konnte. Seither reist man auf Parallelgleisen und beäugt sich mißtrauisch aus der Ferne. Während Farrar mit Son Volt drei famose Platten gemacht hat, waren es bei Tweedy mit Wilco zwei (MERMAID AVENUE, die Hommage an Woody Guthrie, lassen wir mal außen vor). Jetzt zieht er wieder gleich. War der Erstling A.M. rückblickend RUBBER SOUL auf Americana, so konnte das Wunderwerk BEING THERE mit Fug und Recht als REVOLVER durchgehen. Demnach wäre SUMMER TEETH… also, nö …das Weiße Album (so ungefähr wenigstens und mit Stars & Stripes und 30 Jahren mehr auf dem Buckel). Hier wie dort überschlagen sich die Eindrücke, kollidieren disparate Stile und Stimmungen, balancieren unwiderstehliche Melodien über Abgründe, bricht sich Art-Folk-Beat-Surf-Doo-Wop-Pop-Rock an Piano-Etüden, Gitarreneruptionen, Keyboard- und Bläsereinschüben, an unbehaglicher Stille und komischem Lärm. SUMMER TEETH ist Milleniums-„Helter Skelter“ ohne Charles Manson, ist John, Paul, Jekyll & Hyde, rückwärtsabgespielte Bänder, Stimmen aus einem psychedelischen Spiegelkabinett, ist warme Knarre und weinende Klampfe, Merseyside und Mississippi – und Jeff Tweedy ist ein verdammtes Genie.