Chieftains
EIN BITTERBÖSES BONMOT KURSIERT SEIT einiger Zeit in den Folk-Zirkeln Dublins, Galways und Corks: „Du kennst doch die Chieftains, oder? Die haben früher mal irische Musik gespielt.“ Man sieht: Erfolge sind ein gar zweischneidiges Ding, und die Crammy-prämierten Arbeiten der sechs älteren Iren mit den Stones oder Tom Jones sind nicht jedermanns Sache. Folk-Puristen sähen die Chieftains wohl immer noch am liebsten im Pub nebenan vor sich hinfrickeln. Doch die Musik-Druiden stehen lieber auf der Bühne des altehrwürdigen „Dublin Castle“, das zwischen Regierungssitz und Gericht, Knast und Ballsaal schon fast alles beherbergte, was die irische Historie hergibt, und sorgen bei ihrem Heimspiel für das, was man dortzulande „a real good time“ nennt. Mit ein paar zünftigen Jigs legen sie los, verlangsamen für ein Harfensolo das Tempo, nur um sich mit umso mehr Verve auf den nächsten Tanzbodenfeger zu stürzen. Wenig später kündigt Bandchef Paddy Moloney ein Medley vom Allstar-Album „The Long Black Veil“ mit den Worten an: „Thought the Stones would be here, but they missed the plane.“ Nach diesem Mix von Sting-, Van Morrison- und werteren Stones-Songs allerdings kommt’s zum Knick in dpr Dramaturgie: „Never Give All The Heart“ vom neuen Album „Tears Of Stone“ ist ein schimmerndes Juwel, die Vertonung eines Yeats-Poems. mit engelsgleichen Harmonien des Anuna Choir. Das ist in diesem speziellen Moment an diesem speziellen Abend aber so willkommen wie der „Last order“-8efehl in einer Kneipe voller Kampftrinker. Denn es schweben drei Elfen herein, die Sharon, Andrea und Caroline heißen und zusammen mit Bruder Jim unter ihrem Familiennamen The Corrs als „the next big thing from Ireland“ gelten und sich nun daran machen, die Herzen im Auditorium reihenweise zu brechen. Gelingt nicht ganz. Doch die Bühne gleicht längst einem Rummelplatz: Chieftains, Corrs, Percussionisten aus Kuba, gälische Tänzer – alle fiedeln, klopfen, zupfen und hüpfen wild, während Paddy Moloney strahlend seine Uillean Pipes bearbeitet. Das Publikum strahlt rurück, um eine große Erfahrung reicher: „Du kennst doch die Chieftains, oder? Die spielen irische Musik wie niemand sonst…“
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