Black Crowes – By Your Side :: Platte des Monats.
Auf der Bühne voller Leben, organisch pumpend und zweifellos unterhaltsam, klang das Repertoire der Black Crowes auf ihren Platten oftmals ein wenig eindimensional. Zumindest die beiden Alben AMORICA von 1994 und THREE SNAKES AND ONE CHARM (1996) vermochten nur bedingt, die ungeheure Live-Faszination der Band aus Atlanta angemessen zu transportieren. Die Studio-Songs waren bisweilen lässig und laid back bis zur Langeweile, und auch die Hooklines gerieten meist eine Spur zu unspektakulär – Rock ’n‘ Roll mit halb angezogener Handbremse. Selbst die jeweiligen Single-Auskopplungen, also in der Regel die kommerziellsten und/oder eingängigsten Tracks der Alben, verpufften, ohne nennenswerte Eindrücke hinterlassen zu können: nette Songs, handwerklich gut eingespielt, aber ohne den nötigen Biß. Was um so bedauerlicher ist, wenn man das musikalische Potential der Band – und vor allem das von Crowes-Chef Chris Robinson – in Betracht zieht. Hört man jedoch „Go Faster“, den Opener zum neuen Werk BY YOUR SIDE, kündigt sich bereits das an, was das Album über weite Strecken dominiert: Die Spannung ist zurückgekehrt, die Black Crowes legen an Tempo zu, und kein einziger ihrer elf neuen Songs überspringt die Fünfminutenmarke. Bislang standen zumeist atmosphärisch hippieeske Endsechziger-Sounds ä la Grateful Dead und Humble Pie Pate für die Musik der Brüder Chris und Rieh Robinson und ihren Bandgenossen Steve Gorman, Eddie Hansch, Audley Freed und Sven Pipien (letzere beide sind erst jüngst zur Band gestoßen). Nun aber sind die Black Crowes offensichtlich vollends in den 70er Jahren angekommen. Chris Robinson klang ja schon immer ein wenig wie der juvenile Rod Stewart, doch auf BY YOUR SIDE wirkt nun auch der Rest der Band so kompakt und zielstrebig, wie etwa die Faces oder auch die Rolling Stones um das Jahr 1971 herum. Und vergleicht man BY YOUR SIDE mit dem vor fünf Jahren hochgelobten Retro-Rock-Album GIVE OUT BUT DON’T GIVE UP von Primal Scream, haben die Schotten eindeutig das Nachsehen. Was vor allem an Chris Robinson liegt, der imstande ist, Primal Scream-Frontmann Bobby Gillespie schlichtweg den Arsch abzusingen. Werte wie Authentizität mögen im Zeitalter von „anything goes“ unbedeutend geworden sein, doch sollte man dabei nicht vergessen, daß die Black Crowes weder ihr Fähnchen nach dem Wind ausrichten noch einer spontanen Eingebung folgend mal eben ein Rock-Album abliefern – seit neun Jahren machen sie im Grunde nichts anderes als das. Doch so gut wie auf BY YOUR SIDE klangen die Südstaatenrocker schon lange nicht mehr: Mehr Rhythm als Blues, in Szene gesetzt von schön lauten Gitarren und mit unüberhörbarer Spielfreude.
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