Schwarz – Schwarz
Aus der Hauptstadt kommt so manches, was für einen kleinen Skandal gut ist. Und über Schwarz aus Berlin wird es gewiß einige Aufregung geben, dazu bietet das tiefdunkle Quartett genügend Reibepunkte für öffentliche Empörung. Singt da nicht schon wieder einer so unerhört deutsche Texte, in denen von Gott und Teufel, Blut und Wut die Rede ist? Dazu diese permanent grollende Begleitung aus bretthartem Gitarrendonner, die stellenweise ein gutes Stück mehr, als es gemeinhin erlaubt ist, martialisch-teutonisch klingt? Gezielte Provokation im Windschatten von Rammstein & Co? Das wäre zu kurz gedacht. Schwarz sind das neueste Projekt des gebürtigen Kreuzbergers Wolf Schwarz, der nach dem Split seiner Band Die Fremden offenbar einen gewaltigen Kreativschub erlebt hat. Er geht mit Schlagzeuger Nicolaj Gogow, Bassist Mario Kopowski und Gitarrist Andreas Apel auf eine extreme Gratwanderung: Mit Can-Vorlagen und Nietzsche-Versen in die Tiefe der deutschen Seele, mit dem Gitarrenverzerrer in die schmutzigsten Gefilde des Rock ’n‘ Roll. Schwarz trampelt mit abgehackt-wuchtigem Metal-Sound die von Rammstein angelegten Pfade noch ein wenig breiter. Aber im Vergleich zu denen gehen die Berliner auch noch deutlich tiefer. Selten zuvor ist die kantige deutsche Sprache eine so komplexe Einheit mit experimentellem Rock eingegangen. Schwarz singt kurze, düstere Märchen, etwa von einem Gehängten, dessen „starre Glieder schwingen, wie eines Baumes dürre Frucht“, oder von einem Engel, der in der Nacht verschwunden ist. Dann träumt er wieder vom „Aufstand“ – und läßt doch immer einen kleinen Zweifel offen, wie ernst er das alles meint. Das Album ist eine gewaltige Inszenierung deutscher Befindlichkeit im Gewand eines fast erdrückenden Powerklangs. Schwarz schwingt mit Inbrunst einen Dampfhammer, der einem Angst machen kann. Oder der einen mitreißt, in eine dunkle Gegend, die deutsche Rockmusik so selbstbewußt noch selten zuvor betreten hat.
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