Meret Becker – Nachtmahr
Das blanke Wesen schneidet sich mit der Nagelschere die Haut vom Leib, faltet sie zur späteren Verwendung zusammen und macht es sich hinter deinen Augen bequem. Dort gibt es seine Kommentare ab, aus einer virtuellen Innenwelt aus hallendem Schmatzen und tropfendem Gluckern. „Das blanke Wesen“ markiert einen der beiden Pole, zwischen denen Meret Becker ihr zweites Album NACHTMAHR angelegt hat. Es ist ein öliges Bad aus düsterer Romantik und befremdlicher Poesie, verpackt in die bedrückend experimentellen Klangskizzen des Alexander Hacke – Ehemann von Meret Becker und Impresario der Einstürzenden Neubauten. Und dann sind da Kostbarkeiten wie „Vive La Trance“ oder „Prise De Tete“, das elegische Chanson in seinem kostbarsten Kleid, sparsam begleitet von Ulrike Haage (Rainbirds) und Moritz Wolpert von den Jever Mountain Boys. Geschichten wollte sie erzählen und hat sich daher Ideen und Texte von Thomas Brasch, Erich Kästner, Lewis Caroll und Gottfried Keller geliehen. Ebenso berückend wie bedrückend macht NACHTMAHR seinem Namen alle Ehre: Meret Becker führt – mal mit dem Charme einer verbrauchten Chanteuse, mal mit naivem Jungmädchenwitz – durch eine introspektive Galerie aus Chanson, Hörspiel und Avantgarde und zeigt, daß einem bei einer Künstlerpersönlichkeit ihrer Statur Spielfreude, Ausdruckskraft und Wandlungsfähigkeit nicht nur vor der Kamera den Atem rauben können.
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