Die Singles

Ladies first, ist das Motto der diesmonatigen Rubrik. Fangen wir also mit einer Lady an, mit Enie. Nanu, sie kennen Enie nicht? Die VIVA-Moderatorin mit den feuerroten Haaren? Na, klingelt’s? Immer noch nicht? Die, die mit ihrem VIVA 2-Kollegen Markus Kavka bei der Popkomm um die Häuser gezogen ist? Endlich, jetzt ist der Groschen gefallen. Jedenfalls hat Enie den „Baby Elephant Walk“ (CDL/EMI Electrola) von Henry Mancini neu aufgenommen und „um pfiffige Lyrics ergänzt“ (Presseinfo). Enie singt zur lustigen Melodie so pfiffige Lyrics wie „Eat that beat“ oder „Bla bla bla“, dazu gibt’s einen leckeren Euro-Dance-Beat und das alles in verschiedenen Mixes. Wenn das mal kein Hit wird, freß ich glatt den Beat. 2 Sterne

Den Beat zu essen, wäre ein Sakrileg im Falle von All Saints. Den braucht man nämlich – obwohl – All Saints machen ja auch ohne Beat eine ganz gute Figur. Wobei wir auch schon beim Thema wären, nämlich bei „Bootie Call“ (London/Motor Music), was man in etwa mit „Der Ruf des Hinterns“ übersetzen könnte. Auf der Single gibt’s die ultra-schwarze Nummer, die wir ja bereits vom Album der vier Damen kennen, den noch viel phatteren „The Director’s Kutt“ sowie den Non-Album-Track „Get Down“. Mit diesen Nummern (hahaha, Nummern), die wieder einmal um das beliebte Thema Geschlechtsverkehr kreisen (hahaha, kreisen), beweisen All Saints einmal mehr, daß sie die besseren Spice Girls sind. 4 Sterne

Und noch vier Ladies, denen man immer wieder gerne ein gesundes Verhältnis zum Geschlechtsverkehr unterstellt. Die Lemonbabies aus Berlin hinterlassen mit „Diving“ (Four Music/Columbia/Sony Music), der zweiten Auskoppelung ihres Albums „Porno“, den Eindruck, daß man sie als Covermodels lieber sehen, denn als Interpreten durchschnittlichen Pop-Singsangs hören möchte. Der mystisch-triphoppige „Crimson Remix“ des Titelsongs von Alaska versöhnt dann wieder ein klein wenig und sichert die 3 Sterne.

Und immer noch gilt unser Motto ladies first. Deshalb jetzt zu Frau Andreaa Dorau und ihrer neuen Single „Die Menschen sind kalt“ (Elektromotor/Motor Music). Es ist die Single zum Spielfilm zur Single. Hach, das wird jetzt alles zu kompliziert. Auf jeden Fall hat Dorau einen Film gedreht, der „Die Menschen sind kalt“ heißt und in dem diese Single zu hören ist. Und die ist ein eingängiger Disco-Schlager mit Andreas Doraus schöner Vocoder-Stimme. Remixe gibt’s unter anderem von Love Inc. (Mike Ink) und Sweet Reinhard (Reinhard Voigt). Der Hit des Herbstes, sag ich jetzt mal so. 5 Sterne

Und noch ein todsicherer Hit – ziemlich viele Hits diesmal dabei, was? Der Hit hier ist von Hausmarke feat. Yvette Michele. Mit „Für immer“ (Four Music/Columbia/Sony Music) liefert der fantastische Eine mit Unterstützung der R ’n‘ B-Queen eine okaye, smoothe, mellow R ’n‘ B-Nummer. 3 Sterne

Und wo wir doch schon mal bei „den Fantas“ sind, kann der Freundeskreis auch nicht weit sein. Und tatsächlich. „Halt Dich an Deiner Liebe fest“ (Four Music/Columbia/Sony Music), ein Cover des Rio Reiser/Ton Steine Scherben-Songs von 1975, wird beim Freundeskreis zu einem relaxten Reggae-Schleicher, der Anfang 1999 auch im Soundtrack des Films „23“ zu hören sein wird. 4 Sterne

Mit ihrer Single „Terminus“ (Mute/Intercord) machen die britischen Kraftwerk-Klonen Komputer genau das, was sie am besten können: Kraftwerk imitieren. Ob das jetzt von Cosmic Baby, Memory Man oder Komputer selber remixt wird, spielt keine Rolle. Die Kraftwerk der mittleren bis späten Jahre klingen mit jedem Beat, mit jedem Ton aus dem Synthie, mit jeder verfremdeten Gesangsspur durch. Aber irgendwie ist das alles eine Spur zu sehr Plastik. 3 Sterne

Auch Plastik, aber handgemachtes, kommt aus Wiesbaden. Rekcord lassen es auf „Nie mehr (As If I Were Born To Run)“ (Tarn Tarn/BMG Ariola) so richtig rocken, so wie deutsche Grunge-Bands zu rocken pflegten als Grunge noch nicht Grunge hieß, Bands wie Well Well Well zum Beispiel. Da hilft auch Schadensbegrenzung/Mixhilfe von Console (The Notwist) nicht viel. Das hier kommt zehn Jahre zu spät, mindestens. 2 Sterne

Zehn Jahre zu früh, mindestens, kommen die Sofa Surfers aus Wien. Ihr „Life In Malmö“ (Klein Records/Universal) klingt wie der spacey, groovy Soundtrack zu einer imaginären Krimiserie aus den 70ern – also, dermaßen auf der Höhe der Zeit, daß es wahrscheinlich wieder mal keiner kapiert.“Live Im Garten des Lebens“, der weirde Remix von Pulsinger & Potuznik, und der „Live In Vienna Forward Ever For What Ever“-Mix von Sugar & Spice, ein zappendüsterer Dub-Reggae mit gebrochenen Beats, sind allein ihr Geld wert.