Mercury Rev – Deserter’s Songs

Schwupps, und plötzlich ist es da. Out of nowhere, outoftime. Das kaum mehr erwartete vierte Album der Klangforscher von der Ostküste. Mit LoFi hatten die Weirdos noch nie viel am Hut – viel zu sound- und detailverliebt bastelten sie an ihren Kreationen, aber mit ihrem neuen Wurf sprengen sie alle Indie-Rock-Fesseln. Völlig offen und frei entwerfen sie ein Kaleidoskop aus sphärischen Tönen, das in dieser Schönheit und Konsequenz seinesgleichen sucht. Wo früher Noise und überambitionierte Avantgarde-Bemühungen in zugekleisterten Arrangements erstickten, herrscht auf DESERTER’S SONGS eine Ruhe, Klarheit und Tiefe, die die Band deutlich von den Brian Wilson/Van Dyke Parks/Burt Bacharach-Pop-Epigonen absetzt. Jonathan Donahue, Grasshopper und Co. legen es nicht auf vordergründige Klassik-Arrangements an, sondern sehen den Reiz im Nebeneinander von Sound und Song, im Rock-Instrumentarium und vormals klassischen Instrumenten wie Flügelhorn.Kammermusikstreicher, Glockenspiel, Harfen und wenn passend auch einer singenden Säge. Grenzen werden überschritten und nicht einfach nur U-Musik-Elemente adaptiert. So schmiegt sich etwa die zuckersüße Melodie von „Stille Nacht“ elegant in die zerbrechliche Ballade „Endlessly“ an, ohne irgendwelche Gedanken an klebrigen Kitsch aufkommen zu lassen. Die großspurige PR-Ankündigung „Indie-Rock für’s nächste Jahrtausend“ ist ausnahmsweise nicht einfach Worthülse, sondern trifft den Nagel auf den Kopf.