Primary Colors – Mit Aller Macht
Endlos klopften die US-Filmkritiker Mike Nichols erwachsene Politkomödie über den Präsidentschaftswahlkampf eines Südstaaten-Gouverneurs nach Parallelen zu Bill Clinton ab – und ließen den Film selbst ganz außer Acht. Klar, die 1996 zunächst anonym veröffentlichte Romanvorlage erzählte wenig verhohlen vom Wahlkampf Clintons, und John Travolta gab sich alle Mühe, den Präsidenten äußerlich und in seinen Manierismen nachzuempfinden, aber PRIMARY COLORS entfaltet seine Qualitäten auf einer ganz anderen Ebene. Mike Nichols will mit seinen von Elaine May mit untrüglichem Gespür für das Wesen des Menschen brillant geschriebenen Episoden über den US-Wahlkampf eben nicht nur unterhalten, sondern untersucht auch die wechselseitige Abhängigkeit von Kandidat und Wähler und stellt schließlich die Gretchenfrage: Was verlangen wir unseren Politikern ab und was dürfen wir von ihnen verlangen? Was, wenn die Lust am Leben für den Präsidentschaftskandidaten Jack Stanton eben die Antriebsfeder ist, die ihn zu einem guten Politiker macht, aber eben auch mit anderen Frauen als der eigenen ins Bett gehen läßt? MIT ALLER MACHT ist ein sehr leichter Film, der sich aber nicht vor wichtigen Themen drückt und in unseren Zeiten des politischen Desinteresses Begriffe wie Verantwortung, Idealismus und Zivilcourage ins Spiel bringt – intelligentes Hollywood-Entertainment, das wie Gegengift für Zelluloid-Lobotomie der Marke GODZILLA wirkt.
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