Noreaga – N.O.R.E.
Auch Medaillen von Falschmünzern haben zwei Seiten: So zieht die Puff Daddy-Schleimspur nicht nur eine Horde weit weniger talentierter Zweitverwerter nach sich, sondern fordert ebenso von den Vertretern der wahren HipHop-Schule ein eindeutiges Bekenntnis zur Orthodoxie und somit auch das sorgsame Definieren ihres Standortes. Hardcore wird wieder körniger, der Beat wieder kaltschnäuziger, der Sound schroffer. Die Richterskala ist wieder nach oben offen und das Epizentrum wieder in New York. Beweise? Bitteschön: Trotz des Verhindertseins seines Kumpels Capone (äh, Urlaub auf Staatskosten, um bei einem beliebten Euphemismus zu bleiben) strickt Noreaga weiter am so geglückten Konzept des Duos, das schon die brillanten Momente auf THE WAR REPORT beschert hat. Sein Solo-Versuch entstand in ständigem telefonischen Kontakt zu seinem inhaftierten Kumpel und transportiert die muskulöse Melange aus kunstvollen Reimen und einer punktgenauen Produktion auf die nächste Stufe. Auf die übernächste sogar, denn:Trotz der brettlharten Eastcoast-Exzesse scheint das gesamte Album durchtränkt von der Sehnsucht nach dem Partner. N.O.R.E. steht somit nicht nur für eine neue Sonne am östlichen Himmel, sondern offenbart in seiner Gesamtheit die Verzweiflung des Einzelkämpfers.- Erst der Dialog ermöglicht Kunst, und nur der Zusammenhalt gibt Kraft. Mit dieser unterschwellig aus den fantastischen Sounds hervorbrechenden Botschaft setzt N.O.R.E. einen markanten Schlußpunkt hinter das vom HipHop-Wiederaufleben gekennzeichnete erste Halbjahr 1998.
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