Diverse – Down & Out: The Sad Soul Of The Black South
Ray Charles war der erste, der alte Gospelmelodien klaute und „Jesus“ durch „Baby“ ersetzte. Gospel und Rhythm ’n‘ Blues reichten sich nicht zuletzt dank seines Erfolges Mitte der 50er die schwarzen Hände, um fortan durch die Straßen zu ziehen – rebellierend, aufbegehrend, wenigstens am Anfang. Noch keine Schleimspur vom hochglanzpolierten Schmusesoul, der auch 1998 in fürchterlichsten Reinkarnationen die US-Single-Charts belegt. In Detroit durfte sich recht schnell eine bereinigte Version des Popmusik gewordenen Klageliedes das Label Motown aufdrücken lassen, um schließlich vor keiner noch so weiß getünchten Vorstadtpartykellertür mehr halt machen zu müssen. Davon konnten die Musiker im Süden nur träumen. Die Karrieresprünge von Otis Redding, Aretha Franklin oder Sam & Dave blieben Ausnahmen – der Erfolg der vielen anderen Crooner und Herzgebrochenen zwischen Memphisjackson und Nashville blieb regional, die stimmgewaltig besungenen Dramen blieben zwangsläufig häuslich und die psychosozialen Bedingungen des Rassismus in den Südstaaten bis heute nahezu unverändert. Die vermeintlich leichtfüßig swingende Ede Robin will sich umbringen, sie meint es ernst („Dead“); Virgil Griffin läßt sich von getragenen Bläsern durch die Loser-Ballade „A Forgotten Lover“ schieben; James Kelly Duhon solidarisiert sich in „Heartbreaker“ mit einer verlassenen jungen Mutter In 24 bebenden, dunklen, tragischen, aber höchst inbrünstigen Abgesängen, die von Anfang der 60er bis Mitte der 70er Jahre aufgenommen wurden, zeichnet DOWN & OUT die Geschichte der wahrhaftigen Soulmusik der Südstaaten nach, die ihre Erfüllung nie darin sah, langbeinig swingend in Paillettenkleidchen über große weiße Bühnen zu trippeln – der diese Möglichkeit aber auch nie offen stand. Eine hervorragende Popgeschichtsstunde in Sachen Südstaaten-Soul.
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