Mick Harris/Eraldo Bernocchi – Total Station

Bill Laswell und John Zorn bekommen Konkurrenz: Mick Harris schickt sich an, zur Weltspitze der veröffentlichungswütigen Menschen aufzuschließen. Dabei ist sein musikalisches Spektrum sicher nicht so breit wie das der Erstgenannten, doch auch Harris kann auf eine bemerkenswerte Geschichte zurückweisen, an deren Anfang sogar ein Superlativ steht: als langjähriger Schlagzeuger von Napalm Death konnteer sich für einige Zeit den Geschwindigkeitsrekord ans Revers heften. Nach einem letzten kurzen Aufflackern von Grindcore-Elementen in dem bezeichnenderweise mit Laswell und Zorn besetzten Allstar-Trio Painkiller hat Harris zunehmend die Schlagstöcke gegen Elektronik ausgetauscht und begab sich mit dem Industrial-Dub-Projekt Scorn auf immer langsamere Tiefseefahren. Seit einiger Zeit nun gibt es zusätzlich zu den nur noch von ihm repäsentierten Scorn auch noch diverse Platten unter seinem bürgerlichen Namen, auf denen Harris sich, wie könnte es anders sein, mit dem gebrochenen Beat auseinandersetzt. Das klingt zunächst wenig innovativ, doch gelingt es dem Quereinsteiger Mick Harris tatsächlich, dem scheinbar totgetrampelten Genre etwas neues hinzuzufügen – irgendwo zwischen der gnadenlosen Härte von Panacea, der digitalen Musikalität eines Boymerang und organisch-groovigem Minimalismus. Auf TOTAL STATION, 5 Sterne, seiner zweiten Kooperation mit dem italienischen Geistesverwandten Eraldo Bernocchi, überrascht Harris sogar durch leibhaftiges Schlagzeugspiel, gefiltert, mit geschmackvollen Basslines unterlegt und von allerlei zirpender Synthese durchdrungen. Wunderschön und für seine Verhältnisse fast schon Easy Listening.

Deutlich narkotisierter schlurft der Rhythmus, den Harris unter dem bezeichnenden Pseudonym The Weakener auf WHAT DO YOU KNOW ABOUT IT, 4 Sterne, veröffentlicht. Selbst im bekanntlich auf subsonisch blubbernde Langsamkeit spezialisierten Katalog des Brooklyner Dub-Forscher-Verbunds WordSound markiert er damit neue Bestmarken in Bezug auf Schneckigkeit, Bassterror und Hall. So ähnlich müssen die letzten Momente des Ertrinkens klingen, wenn das Herz langsamer schlägt und ab und zu aussetzt. Und man vorher kräftig geraucht hat, selbstverständlich.