Keith Jarrett Trio – Tokyo 96
Da ist er wieder, der Langstreckenläufer des Jazz-Pianos. Und eigentlich hätte man vermutet, daß spätestens mit seiner schwergewichtigen, 6 CDs umfassenden Live-Dokumentation AT THE BLUE NOTE in Sachen Standards alles gesagt wäre. Doch Keith Jarrett und seine kongenialen Begleiter Gary Peacock am Bass und Jack DeJohnette hinterm Schlagzeug lassen einfach nicht los von den klassischen Jazz-Tunes und ihrer Durchlässigkeit. Und nach dem neuesten Statement, das das Trio mit der Live-Aufnahme aus Tokio vorlegt, bleibt nur zu sagen: zum Glück. Denn irgendwie haben die drei Ausnahmekünstler einen geheimnisvollen Jungbrunnen entdeckt, der bei ihnen Routine oder gar Konditionsschwächen erst gar nicht aufkommen läßt. Ihr Bewegungsfluß in den Tracks von Bird bis Powell ist ungebrochen, hat sogar eine neue Dimension bekommen, in der die luxuriösen Assoziationen von unglaublicher Frische dominiert sind. Die Grenz- und Genreüberschreitungen, die besonders Jarrett in die Klassik und DeJohnette in die afro-diasporische Ursprünglichkeit geführt haben, sind da wohl die I-Tüpfelchen gewesen. Wie Jarrett die Detailarbeit zur feinsinnigen Juwelierkunst macht, wie das Schlagzeug den Dialog zwischen Melodie und harmonischer Genußsüchtigkeit unerhört anspornt, begleitet, kurzfristig auf andere Kontinente umleitet, ist schlicht sensationell.
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