Jeff Buckley :: Sketches

Knapp ein Jahr nach dem tragischen Unfall-Tod Jeff Buckleys erscheint das Album, auf das alle gewartet haben: die letzten Aufnahmen des US-Sängers. Ein Wunderwerk, eine Neudefinition des Singer/Songwriter-Handwerks – all das sollte man von dieser Doppel-CD nicht erwarten. Wenn Rock ’n‘ Roll-Tode auch gerne überhöht werden, die Erwartungen an diese 22 „Sketches“ bleiben besser auf dem Teppich. Die Songs sind nicht zufällig auf zwei CDs verteilt: Album 1 enthält Material, das Buckley mit seiner Band eingespielt hatte, Album 2 Jeffs letzte Kompositionen und Überarbeitungen älterer Stücke – in Memphis auf einer 4-Spur-Maschine festgehalten. Natürlich werden jetzt die Lohnschreiber der ehernen Rock-Exegese aus ihren Löchern kriechen und die Texte nach Todesahnungen, Depressionen und Selbstmordgedanken durchforsten. Sie werden alles und nichts finden. Sie werden „Nightmares By The Sea“ und „Murder Suicide Meteor Slave“ zerlegen. Doch dieses Album ist zu allererst ein weiterer Beweis für Buckleys außerordentliche stimmliche Fähigkeiten über mehrere Oktaven: die Melodie-Sprünge, mit denen er seinen besten Songs mystische Qualitäten verlieh. Satte, Vollreife Rocksongs („Yarde Of Blonde Girls“) stehen bei Buckley neben traumatischen Hymnen, die die Befindlichkeiten einer fragilen Seele freilegen („New Year’s Prayer“) und puerilen Gesangsauslagen, um die sich sperrige Gitarrenmonumente gruppieren. Am besten ist Buckley aber, wenn er mit seinem Song ganz allein ist – wie auf CD 2. „Murder Suicide Meteor Slave“(ein psychotisches Schepper-Rock-Fragment) das quälende „Haven’t You Heard“ und das Genesis-Cover „Back In New York City“ – das ist Rock ’n‘ Roll auf der Intensivstation, wenn der Schrittmacher versagt. Nie zuvor ist Buckley so weit gegangen. P.S: Weitere Ausgrabungen aus Buckleys reichhaltigem Live-Archiv werden folgen.