Kluster – Eruption; Conrad Schnitzler – 00/44
Conrad Schnitzler ist ein Underdog in einer musikalischen Szene, die für Otto Normalkonsumenten eh schon den Ruf des Kauzigen und Ausgefreakten hat: Kraut-Rock. Nachdem Schnitzler Mitte der 60er Jahre Kunstschüler bei Joseph Beuys war, wandte der Berliner sich vor rund 30 Jahren der elektronischen Musik zu. Schnitzler war Gründungsmitglied von Tangerine Dream, mit denen er das experimentelle Debüt ELECTRONIC MEDITATION einspielte. Zwischen 1971 und 1973 machte er drei irrwitzige Langrillen mit Dieter Moebius und Hans-Joachim Roedelius unter dem Projektnamen Kluster. Kluster wurden zu Cluster, wurden ein wenig gefälliger – und Schnitzler verließ die Truppe, weil sie ihm schon „zu kommerziell“ geworden war. Aus dem Archiv hat er jetzt zwei rund halbstündige Live-Aufnahmen von 1971 gezaubert, die unter dem Titel ERUPTION erscheinen. Diese Musik läßt keine Vergleiche zu: Sie ist ein Klang-Abenteuer mit quäkenden, gelegentlich nervenden Tonschleifen, Geklimper, purem Krach und Tönen am Rande des Unhörbaren. Kaum mehr zugänglich sind Schnitzlers Solo-Stücke aus dem Jahr 1993, die unter dem Titel 00/44 auf den Markt gekommen sind. „Dramatic Electronic Music“ hat der Alt-Avantgardist die zwölf Kompositionen untertitelt, doch dramatisch an ihnen ist höchstens das ständige Wechselbad der Gefühle, in das der Hörer gnadenlos getaucht wird – mal gibt’s Minimalistisches im Stile von John Cage oder von Phillip Glass zu hören, mal Schräg-Orchestrales, das an einen Strawinski auf Acid erinnert.
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