Und jetzt: die Singles

„Der Morgen stirbt nie“, lehrt uns James Bond 007, und er lehrt uns damit auch, daß der Fundus an schwachsinnigen Filmtiteln schier unerschöpflich ist. Egal, Sheryl Crow hat die Ehre, den neuen Bond-Song „Tomorrow Never Dies“ (A&M/Polydor) – produziert und mitkomponiert von Suzanne Vegas Ehemann Mitchell Froom zu trällern. Und das zu Bond-Themen-typischen Beigaben wie orchestralischem Pomp, twangy E-Citarre und theatralischem Schmalz. Klar, daß Sheryl nicht die Klasse einer Shirley Bassey besitzt, aber die Bond-Durchfaller A-Ha steckt Frau Crow denn doch locker in die (krokodillederne Hand-)Tasche. 4 Sterne.

Wenn die teutonischen Blut-und-Boden-Rocker Rammstein „Das Modell“ (Motor Music) von Kraftwerk vergewaltigen, klingt das nicht anders als erwartet: wie ein grrrunzigerrr, teutonischerrr, Blut-und-Boden-Rockerrr und somit nicht unbedingt origineller als das, was Steve Albini mit Big Black bereits vor zehn Jahren aus dem Stück gemacht hat. Bleibt nur noch die Frage: wieso gibt Kraftwerk-Chef Ralf Hütter die Erlaubnis für sowas? Vielleicht hat er ja Humor oder einfach kein Geld mehr. 1 Stern.

Mehr Coverversionen: Die Crossover-Erfinder Rage Against The Machine haben sich Bruce Springsteens „The Ghost Of Tom Joad“ (Epic/Sony, als Bonus-CD zum Kaufvideo „Rage Against The Machine“) angenommen. Das Lagerfeurliedchen kommt im typischen RATM-Sound, aber beyond recognition. Und Crossover- ehrlich! – klingt anno 1997 beinahe schon wieder charmant. 4 Sterne.

Charmant klang auch Puff Daddys „I’ll Be Missing You“,das HipHop-Remake des Police-Songs „Every Breath You Take“. Da muß doch noch mehr zu machen sein, dachten sich die Beteiligten und erstellten flugs den „Roxanne 97 Puff Daddy Remix“ unter dem Signet Sting & The Police. Das Ergebnis wirkt dann aber eher wie ein drittklassiger HipHop-Song über dem drohend und fast jenseitig Sting seine „Roxanne“ beschwört. Klar, daß sowas von 0 auf 1 in die Charts geht. 2 Sterne.

Dort, in den Charts, wären Antonelli Electr. aus Düsseldorf auch gut aufgehoben. Denn sie sind die deutschen Daft Punk. Die „Handclaps E.P.“ entzückt mit vier housigen Stücken mit starkem Disco-Einschlag, fiepsenden Synthies, elektronischen Handclaps, Kraftwerk’scher Naiv-Melodik und Isaac Hayes-Faktor 10. Produziert wurde das alles vom Übervater der Düsseldorfer Elektronik-Posse: Pyrolator (Der Plan). Im Februar kommt das Album. Man darf gespannt sein. 4 Sterne.

Ebenfalls der Vorbote eines kommenden Albums Ist „Demonoid/Animalized“ (City Slang/Efa). Darauf haben sich Kevin Martin und Justin Broadrick aka Techno Animal je eines Tracks von Porter Ricks aka Thomas Köner („Demonoid“) und DJ Vadim („Animalized“) angenommen. Ersterer wird im Remix zum Industrial-Big-Beat-Dingens und wirkt wie Alec Empire beim Chili Out. Und „Animalized“ in der Techno Animal-Bearbeitung klingt wie Prodigy auf schlechtem Acid mit verzerrten Beats, Micky-Maus-Stimmen und Musique concrete. 3 Sterne.

Und zum Schluß noch etwas für unsere Brit-Pop-Freunde: Im diesigen Leeds schickt sich derzeit ein Brüderpaar an, demnächst von den Gallaghers die Herrschaft im Britpop zu übernehmen. Embrace heißt die Band um Danny und Richard McNamara, und „All You Good Good“ (Hut/Virgin) ist schon die dritte in einer Reihe grandioser E.P.’s (unbedingt auch besorgen: „Fireworks“ und „One Big Family“). Bei Embrace verhält es sich so: wenn sie rocken, sprießen die Endorphine, wenn sie balladieren, brechen die Herzen. Und so soll es doch wohl sein. Wir warten pochenden Herzens auf die LP (erscheint im Februar) und geben für’s bisherige Oeuvre jetzt schon mal 4 Sterne.