Portishead :: Portishead
Keine Frage: Geoff Barrow steht unter Druck. Große Ansprüche zerren an dem Mann aus der kleinen Hafenstadt Portishead bei Bristol, in dessen Kopf vor drei Jahren das einflußreiche Klangbild DUMMY entstand. Denn die halbe Welt wartet auf eine grandiose neue Platte, die natürlich von allem mehr bieten soll – trauriger, schöner, poppiger, romantischer, tiefer, blauer. Dabei weiß Barrows ganz genau, was um ihn herum geschieht, er kennt die explosionsartig gewachsene „TripHop“- oder „Club-SouT‘-Szene und all jene Projekte, die mittlerweile eine Frauenstimme mit getragenen Beats und Samples umgarnen. PORTISHEAD, das gleichnamige zweite Werk ist von vorne bis hinten Portishead – und sonst nichts. Keine neuen Rhythmen, keine Anflüge von Crossover, keine anderen Sänger, keine auffälligen Experimente, keine Fröhlichkeit. Im Gegenteil, wer gedacht hätte, daß DUMMY einen Höhepunkt an Traurigkeit setzt, wird erstaunt: noch mehr knisternde Spuren überlagern die Stücke, noch langsamer laufen die Rhythmen, noch weniger warme versöhnliche Klänge lösen die flimmernde Spannung. Dazu addiert sich Beth’am Abgrund des Lebens stehende Stimme und intoniert, oftmals verzweifeltverzerrt, ihr ganz eigenes Klagelied. War DUMMY noch die blaue Stunde, so ist diese Platte ein Film Noir. Für den es, durch Grauwerte abgestuft, drei Möglichkeiten zu hören gibt. Mit all dem eben skizzierten Wissen im Gepäck wird jeder verwischte Ton, jeder fehlende Bass von Verständnis begleitet, bis man schließlich Geoff an die Hand nehmen möchte und sagen: „Wir wissen, daß du es schwer war. Hast du gut gemacht“. All jene, die einfach nur DUMMY besitzen und längst auswendig mitsingen können, werden leicht hilflos nach der Substanz suchen, die damals aus der Traurigkeit Pop werden ließ und wahrscheinlich erst einmal nicht zufrieden sein. Die letzte Möglichkeit schließlich, die wohl für kaum einen Musikinterssierten zutrifft, ist, daß diese Platte der erste Kontakt mit Portishead und der Bristiol’schen Melancholie wäre. Zwar ist auch in diesem Fall haltlose Begeisterung unwahrscheinlich, da kaum ein Stück heraussticht. Aber, auch Massive Attacks Zweitling hatte keine Chance, in die Nähe von BLUE LINES zu gelangen. Nachdem allerdings die erste Enttäuschung verflogen war,fiel auf, daß PROTECTION doch eine gute Platte geworden war. Und so sollte es in diesem Falle auch sein.
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