Laurent Garnier – 30

Keine anhörenswerte Techno/Elektronik-Compilation ohne den Mann aus Paris, kein bedeutsamer Rave ohne diesen Dancefloor-Pionier, der seine DJ Lehrzeit einst in der bewegten Manchester-Szene absolvierte. Seit rund zehn Jahren ist der 29jährige Laurent Garnier inzwischen im Geschäft, aber von Abnutzungserscheinungen kann keine Rede sein. Im Gegenteil: Sein zweites Album ist keine Abspielstation seines bisherigen umfangreichen Schaffens, sondern liefert neues Material. Darin beherbergt Garnier unter dem Dach seines ihm eigenen housigen Produktionsstils zahlreiche Spielarten des schillernden Kosmos „Techno“. Das beginnt mit atmosphärischen Reminiszenzen an den legendären Elektronik-Vorreiter Walter Carlos (‚Deep Sea Diving‘) und die Düsseldorfer Gurus Kraftwerk (‚Kallt‘), geht über die pumpende Erweckung von längst verblichener electronic body music (‚Crispy Bacon‘) oder historischen „Bleep“-Sprengseln in ruhig dahinfließenden Güstern („Sweet Mellow D‘) und mündet in elektronisch versetzte Anleihen beim Trip Hop (‚Formax‘) oder luftigem Reggae Dub mit Querflöten-Improvisationen (‚Theme From Larry’s Dub‘). Nur Breakbeats sind Garniers Sache nicht – die aktuelle Drum’n’Bass-Euphorie läßt den Mann aus Paris offenbar kalt. Atmosphärisch am nächsten kommt Garnier mit seiner Werkschau den Kollegen von LFO, seine Tracks allerdings sind weicher und verbindlicher als die der harschen Briten. Man mag ihm deswegen Beliebigkeit vorwerfen, aber ein wirklicher Neuerer war Laurent Garnier noch nie – dafür ein behutsam fortschreitender Gralshüter, dessen aktuelles Werk nicht nur in den Tanztempeln besteht, sondern auch im Wohnzimmer, im Auto oder sonstwo.