I Shot Andy Warhol
„Was den Hippie für die Kommune begeistert, ist vor allem die Aussicht auf all die frei verfügbaren Votzen“. Valerie Solanas (Lily Taylor) unterdrückt ihren Haß auf die Männerwelt nicht, sie publiziert ihre radikalfeministischen Gedanken. Aber keiner will das „S.C.U.M. (Society for Cutting Up Men)-Manifesto“ lesen. Auch Pop-Art-Guru Andy Warhol nicht, der von ihrer Entschlossenheit nichtsdestotrotz verstört und beeindruckt zugleich ist. Aufgenommen in die Factory-Clique bleibt Valerie dennoch eine Fremde, die mit ihren Wutausbrüchen den dekadenten Künstler-Zirkel erheblich irritiert. Die Folge: der Rausschmiß. Die Rache: Am 3. Juni 1968 um 16.15 Uhr feuerte Valerie Solanas mit einer 32er Barretta Automatik dreimal auf Andy Warhol. Der Künstler überlebte. Wer war diese Frau? Eine Verrückte, eine Hardcore-Feministin, eine brillante Autorin, eine männermordende Furie? Die 1989 an einer Lungenentzündung verstorbene Valerie Solanas vereinte von allem etwas in sich, vor allem aber charakterisierte sie eines: Einsamkeit. Dieses ausgeprägte Gefühl des Ausgegrenztseins führte Valerie und Andy für eine kurze Zeit zusammen. Warhol stellte den Status des Künstlers per se in Frage, Solanas verzweifelte an der Ignoranz und Intoleranz der Gesellschaft. Was ihr blieb, war der fünfzehnminütige Starruhm, den der ‚Popism‘-Papst propagierte. Einen Tag nach dem Attentat zierte Valeries Konterfei die Titelseite der New York Post. Die ehemalige Musik- und Theaterkritikerin Mary Harron ist seit Teenager-Zeiten von Warhol und der Factory besessen. Als sie 1988 ein Exemplar des „S.C.U.M.-Manifesto“ verschlang, war der Startschuß für ihr Kinodebüt gefallen. Interessanterweise startet I SHOT ANDY WARHOL nur kurze Zeit nach BASQUIAT in den deutschen Kinos. Beide Werke beschäftigen sich mit eigenwilligen Künstler-Persönlichkeiten aus dem Dunstkreis von Andy Warhol. Doch während Regisseur Julian Schnabel lediglich die Oberflächenstruktur des Jean-Michael Basquiat ausleuchtet, gelingt Harron der Blick hinter die rüde Fassade der Valerie Solanas, in ihrer aggressiven Verzweiflung hervorragend dargestellt von Lili Taylor, dem neuen Stern am Independent-Himmel. Nach Arbeiten mit Robert Altmann (‚Short Cuts‘), Alan Rudolph (‚Mrs. Parker und ihr lasterhafter Kreis‘) und Allison Anders (‚Four Rooms‘) ist die Charakterdarstellerin derzeit gleich mit drei Filmen auf deutschen Leinwänden zu sehen: I SHOT ANDY WARHOL KOPFGELD und GIRLS TOWN.
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