Donovan – Sutras

Als europäisches Pendant zu Bob Dylan erlebte der gebürtige Schotte zwischen 1965 und 74 eine ebenso sagen- wie wechselhafte, durch diverse stilistische Umbrüche gekennzeichnete Karriere. Mit Abebben des Hippiebooms geriet der zuerst als Protestsänger, dann als poetischer Märchen- und Mythenerzähler erfolgreiche Donovan langsam ins Abseits, seine Plattenveröffentlichungen gerieten schleppender und versandeten zu Anfang der achtziger Jahre vollends. Ahnlich wie Patti Smith zog der nunmehr dem alternativen Lifetyle zugeneigte Komponist von Klassikern wie ‚Colours‘, ‚Sunshine Superman‘, ‚Hurdy Gurdy Man‘ und ‚Atlantis‘ ein Familienleben mit Kindern abseits des turbulenten Rockgeschäfts vor. Ein Anruf von Rick Rubin, Produzent sowie Chef der unabhängigen Company American Recordings, veränderte die bis dato gültige Lebensmaxime des engagierten Weltverbesserers. Rubin, der zuvor die etwas ramponierten künstlerischen Belange von Tom Petty und Johnny Cash positiv reanimieren konnte und seit Jugendzeit ein Anhänger Donovans ist, bot ihm die Produktion eines Albums an. Für die Basistracks, nur Akustikgitarre und Stimme, verbrachten die beiden knapp zweieinhalb Jahre im Studio. Bei der Ausabeitung des äußert sparsamen Produktionsstils, assistieren Keyboarder Benmont Tench, Drummer Steve Ferrone (beide Tom Petty & The Heartbreakers), Langzeit-Bassist Danny Thompson, Gitarrist Dave Navarro (Red Hot Chili Peppers) sowie Johny Polonsky und Mitglieder der Band Spain. Letztendlich klingt die l^teilige Songkollektion wie eine hochwertige Essenz aller Karrierephasen – altbekannt, aber dennoch frisch und neu. Puristische, fast nackte Akustik-Folk-Arrangements bilden den Grundtenor bei der eröffnenden Liebesballade ‚Please Don’t Bend‘ und dem auf einer uralten irischen Textweise basierenden ‚Deep Peace‘. Gleiten in fast schon elegische LaidBack-Stimmung mit ‚Lady Of The Lamp‘ und untermalen das durch Lohengrin und den Heiligen Gral inspirierte ‚The Clear-Browed One‘. Mit Streicherquartett versehene Songs wie das kindlich-verspielte Lullaby ‚Sleep‘, die auf einer Kurzgeschichte Edgar Allen Poes basierende Suche nach dem sagenumwobenen ‚El Dorado‘ und der eindringliche Umweltsong ‚Everlasting Sea‘ hören sich im Kontext fast schon üppig dekoriert an. Wie ein Out-Take aus Donovans- Protestzeit klingt das inhaltlich und mit typischer Mundharmonika perfekt in Szene gesetzte ‚Give It All Up‘. ‚High Your Love‘ hingegen bedient sich erneut der irischen Folklore, mündet aber mit stimmig integrierten Tablas in fenöstlichen Gefilden. Bei dem mit Lyrics der griechischen Poetin Sappho versehenen ‚Be Mine‘ dominieren trotz Pianoeinsatz die spartanischen keltischen Wurzeln. Vollen Einsatz der Band genießen nur ‚The Way‘ und ‚Nirvana‘. Thematisch setzen sich beide mit der Welt des Buddhismus auseinander, und profitieren von Navarros instrumentalen wie stimmlichen Fähigkeiten. Alles in allem ein überraschendes Comeback, von einem der küntlerischen Führer der sechziger Jahre, den man schon ad acta glaubte.