Kreidler – Weekend
So soll er aussehen, der Musikertypus im Jahre ’96: alles in Frage stellend, technisch versiert ohne damit zu prahlen, offensiv unpeinlich, von lästigen Genres befreit und ganz und gar rhythmisch. So läßt sich unglaublich freie Musik produzieren, die vor lauter Leerstellen manchmal zu verschwinden droht. Doch halt: Kreidler, die coolen jungen Männer aus Düsseldorf, haben nichts falsch gemacht. Sie haben Musikgeschichte, speziell die Düsseldorfer (Can etc.) inhaliert und sind somit alt und gleichzeitig modern. Ihre Musik ist auch nicht belanglos oder beliebig, ganz im Gegenteil, sie ist immer gut und manchmal wunderbar. Doch wie der unvermeidliche Vergleich Tortoise werkelt man auf dünnem Boden und darunter gähnen die Abgründe von Muzak und Esoterik. Denn Kreidler arbeiten natürlich instrumental und auch aus ihren Songtiteln ‚Spat‘, ‚Desto‘, ‚If oder ‚Lio‘ läßt sich lediglich ein Mißtrauen gegenüber Worten und Inhalten ableiten. So wird der immer noch nach Identifizierungen suchende Musikkonsument in eine Welt aus Loops und Rhythmusspuren, Schichtungen und Subtraktionen geführt, wo ihn unbekannte Tonquellen verwirren, wo sich Andeutungen fast nie einlösen, wo alles Bewegung ist und kein Ziel in Sicht. Auf jeden Fall ein Tonträger zum Behalten, denn schon der nächste Monat oder die nächste Generation könnte danach verlangen.
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