Nirvana – From The Muddy Banks Of The Wishkah
„Here we are now, entertain us“: Krist Novoselic und Dave Grohl haben sich dazu entschlossen, die treue Nirvana-Gefolgschaft ein letztes (?) Mal mit einem (diesmal elektrischen) Live-Album zu unterhalten. 16 Songs, die die letzte große Rock-Band zwischen Dezember 1989 und Januar 1994 an so unterschiedlichen Orten wie Amsterdam, Del Mar/CA, Springfield/MA, Seattle/WA, Los Angeles, London und beim Reading Festival in England aufgenommen hat. Die Vorliebe von Beatles-Fan Kurt Cobain, wunderschöne Melodien hinter einem Wall Of Noise zu verstecken, ist nicht erst seit dem — eher laschen — UNPLUGGED IN NEW YORK-Album bekannt. Genau diese kongeniale Verbindung von Lärm und Pop war es schließlich, die das zweite Nirvana-Album NEVERMIND und die Single ‚Smells Like Teen Spirit‘ 1991/92 zum Fall für das große Publikum und die Charts gemacht hat. Auf der Bühne waren Nirvana allerdings eine zweischneidige Angelegenheit. Das macht FROM THE MUDDY BANKS OF THE WISHKAH deutlich. Einerseits wird die enorme Energie spürbar, die die Band bei ihren Konzerten freigesetzt hat. Auf der anderen Seite wird aber auch schmerzhaft bewußt, daß die Qualität der NirvanaVorstellungen auf Gedeih und Verderb von der Tagesform ihres Frontmanns abhängig war. Und um die war es, aus den wohlbekannten Gründen, nicht immer zum Besten bestellt. Cobains Heroinabhängigkeit, sein Magenproblem und seine psychische Labilität wirkten sich nicht immer positiv auf die musikalische Qualität Nirvanas aus. In Standards wie ‚School‘ oder ‚Drain You‘ schreit sich Kurt Cobain die geschundene Seele aus dem Leib; bei den lieblos dahingeschluderten Versionen von ‚Smells Like Teen Spirit‘ oder ‚Been A Son‘ kann er als Interpret seinen eigenen Kompositionen nicht gerecht werden. Richtige Höhepunkte, wie das bemerkenswerte Gitarren-Solo in ‚Heart Shaped Box‘, bietet das Album kaum. Musikalisch steht FROM THE MUDDY BANKS OF THE WISHKAH zwischen dem „schönen“ Noise-Pop von NEVERMIND und dem neurotischen Psycho-Noise, den Cobain aus tiefer Verzweiflung am physischen (Über-)Leben auf dem tragischen Schwanengesang IN UTERO herausgeschrieen hat. Als Dokument ist das Album allerdings unverzichtbar. Es bietet all denen, die Nirvana gerne auf der Bühne gesehen hätten, dazu aber keine Gelegenheit mehr hatten, zumindest einen akustischen Ersatz.
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