Lyle Lovett – The Road To Ensenada
Daß auf seinen Dickschädel kein Cowboyhut paßt, hat Lyle Lovett stets betont und doch nie einen Hehl aus seiner Liebe zur Country-Musik gemacht. Wenn der querdenkende Poet im Opener von THE ROAD TO ENSENADA singt, sein Gegenüber könne sein Girl haben, solange er nur nicht seinen Hut anfasse (‚Don’t Touch My Hat‘), zeigt das: Julia Roberts‘ Darling hat den Humor wiederentdeckt. Die Vorgängeralben JOSHUA JUDGES RUTH und I LOVE EVERYBO-DY, wunderbar-stimmige Songkollektionen alle beide, waren noch mit dem Firniß von Weltschmerz und brüchiger Ironie überzogen. Sein neues Werk dagegen ist phasenweise üppiger instrumentiert, lebt von wechselnden Stimmungen, bietet filigranen Folkpop (‚Fiona‘), subtilen Cocktail-Jazz (‚Her First Mistake‘), eine hinreißende Mixtur aus Country und 40er-Jahre-Swing (‚That’s Right‘) und gutgelaunten Beinahe-Rock (‚Private Conversation‘, ‚Long Tall Texan‘). Lovetts beste Momente aber bleiben die melancholischen: Auf ‚Who Loves You Better‘ und ‚I Can’t Love You Anymore‘ erreicht er die Intensität des unvergessenen Gram Parsons, ‚Promises‘, ‚Christmas Morning‘ und ‚Road To Esenada‘ sind stille Kleinode lakonischer Erzählkunst. Wenn die übliche Countrymusik einem dieser schnurgeraden, gleichförmigen Highways entspricht, dann ist THE ROAD TO ENSENADA eine kurvenreiche Nebenstrecke, die auf keiner Karte verzeichnet ist: voller verborgener Schönheiten, überraschender Begegnungen, spannender Geschichten.
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