Def Leppard – Slang

Wenn man als Kritiker die neue Def Leppard aus dem Briefkasten fischt, klappt automatisch die Schublade „Aalglater Hitparadenrock“ auf. Pflichtbewußt schiebt man das Werk dann doch in die Anlage und traut fast seinen Ohren nicht. Stücke wie ‚Truth‘, ‚Turn To Dust‘, ‚Pearl Of Euphoria‘ und die erste Single ‚Slang‘ sind das Beste, was von dem britischen Heavy-Flagschiff seit seligen PYROMANIA-Zeiten zu hören war. Gleichzeitig sind sie auch Ausdruck einer Wende der „tauben Leoparden“, die mit erstmals weitgehend selbst produzierten LoFi-Sound (für Def Leppard-Verhältnisse wohlgemerkt) und erstaunlichem Stilpluralismus tatsächlich in den cpoern angekommen sind. Eine überwiegend düstere Grundstimmung durchzieht alle elf Stücke bis zur psychedelischen Schlußnummer ‚Pearl of Euphoria‘, die vor allem durch den hypnotischen, erstmals seit seinem Unfall wieder akustischen Beat von Drummer Rick Allen in eine Hommage an Led Zeppelin verwandelt wird. Auch Joe Elliott setzt auf SLANG häufiger auf seine Stimme als auf eine repräsentative Versammlung aller Effektgeräte dieser Welt. Diverse Samples, vereinzelte Scratchings, Anleihen bei Blues, Funk oder orientalischer Musik, völlig untypische Gitarren-Breitseiten und komplexe Groovekonstruktionen lassen eine immer wieder verwundert auf das Label starren – aber spätestens bei so manchem überproduziertem Refrain oder lauen Balladen wie ‚All I Want Is Everything‘ oder ‚Breathe A Sigh‘ wird wieder klar, mit wem man es zu tun hat.