G. Love & Special Sauce – Coast To Coast Motel
Das oftgehörte Zitat „Der Blues ist nicht tot, er riecht nur etwas streng“ widerlegte im Spätsommer letzten Jahres der damals 21jährige G. Love ziemlich eindrucksvoll. Mit unerhörter Coolness spielte sich der aus Boston stammende ehemalige Straßenmusiker mit schnarrender Gitarre, windschiefer Mundharmonika und noch schrägerem, zwischen nuschelndem Gemurmel und serni-professionellem Gerappe wechselndem Gesang. Von Bassist Jimmy Prescott und Schlagzeuger Jeffrey Clemens unterstützt, gelangen G. Love auf seinem Debüt 14 treffsichere Songs im atemberaubend freien 12-Takte-Schema. Im Nu waren allein in den USA fast 120.000 Einheiten von der spartanischen Stilsynthese, die auch noch HipHop, Rock und Jazz miteinbezieht, abgesetzt. Wären Recken wie lohn Lee Hooker oder Muddy Waters heute zwanzig, sie würden wohl kaum anders klingen. Für den heißerwarteten Nachfolger blieb dem seit einigen Jahren eigentlich ständig auf Tour befindlichen Trio nicht gerade viel Zeit. Dennoch baut die 12teilige Songkollektion COAST TO COAST MOTEL auf einem ähnlich minimalbluesigen Groove-Fundament auf und präsentiert ebenso, wenn auch etwas weniger spröde, Klassesongs wie der Erstling. Seine notorischen Rapeinlagen hat G. Love allerdings ziemlich gedrosselt. Und statt Stiff lohnson saß der extrem musikerfreundliche Rhythm’n’Blues/Rockabilly-Veteran im Dickinson (Cramps, Tav Falco, Replacements) an Studioreglern und Keyboards. Für Love, der Studios haßt, und für den Spielen ohne trinkendes Barpublikum entsetzlich ist, war der Katalysator Dickinson jedenfalls die Offenbarung. In Songs wie ‚Everybody‘, ‚Soda Pop‘ und ‚Sometimes‘, wo sich der Gedanke an Elvis‘ legendäre Sun Sessions geradezu aufdrängt, ist der gewichtige Einfluß Dickinsons jedenfalls nicht zu überhören. Ebenso unmittelbar vermittelte er das eher grob-anrüchige Flair des Mississippi-Deltas und Louisianas der 4oer/5oer Jahre in Up-Tempo-Stücken wie ‚Sweet Sugar Mama‘, ‚Leavin‘ The City‘ und ‚Nancy‘. Für das stark jazz-gefärbte ‚Bye Bye Baby‘ engagierte der auch schon für die Stones aktive Dickinson die originale Rebirth Brass Band, die herrlich punktungenau ihre Bläsersätze in Schräglage beisteuerten. Als Kollektiv sind sich G. Love & Special Sauce jedenfalls näher als je zuvor. Dem exquisiten, auf den Höhepunkt zusteuernden funky Rock von ‚Small Fish‘, wo Love seine Mitspieler und Mundharmonika in den Wahnsinn treibt, folgt gewissermaßen als beruhigender Abschluß das puristisch-folkige, solo eingespielte ‚Comin‘ Home‘ – was nicht unbedingt als schlechtes Vorzeichen, sprich Trennungstendenz, zu werten ist. Auch die oftgehegte Befürchtung, daß das Trio übereilten Erfolgsverlockungen erliegen könnte, bestätigt sich nicht. Obwohl die Vorab-Single ‚Kiss & Teil‘ passabel radiotauglich ist und das neue Album sicherlich nicht geringe kommerzielle Chancen hat.
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